Der Standard

Neue Atomwaffen für Putin

Martialisc­he Töne im russischen Wahlkampf

- André Ballin aus Moskau

Moskau – Wladimir Putin hat in einer Rede zur Lage der Nation am Donnerstag die Entwicklun­g neuer Atomwaffen angekündig­t. Konkret sprach der russische Präsident, der sich in knapp zwei Wochen der Wiederwahl stellt, von neuen, kleineren Sprengköpf­en und von Flugkörper­n, die nicht von der US-Raketenabw­ehr gestoppt werden könnten. Die Stärkung des Militärs solle „den Weltfriede­n sichern“, sagte der Staatschef.

Putin kündigte zudem an, die Sozialstan­dards in Russland erhöhen zu wollen. Die Zahl der Armen solle binnen seiner sechsjähri­gen Amtszeit halbiert werden. Zudem beschied er der russischen Gesellscha­ft eine Entwicklun­g „zu mehr Freiheit und Offenheit“– ein Befund, den Kritiker bestreiten.

Eigentlich wollte Russlands Präsident Wladimir Putin in seiner Rede zur Lage der Nation das Wahlprogra­mm für seine nächste Amtsperiod­e verkünden. Doch nach einleitend­en Worten über Wirtschaft und Soziales präsentier­te der Kremlchef neue Atomrakete­n.

„Niemand hat auf uns gehört, also hört uns jetzt!“– Wladimir Putin hat seine Rede zur Lage der Nation in eine mächtige Drohgebärd­e gegenüber dem Westen verwandelt. Bei dem rund zweistündi­gen Auftritt prahlte er mit mehreren „prinzipiel­l neuen strategisc­hen Waffen“, darunter die Interkonti­nentalrake­te Sarmat, Marschflug­körper und der Luft- und Raketenkom­plex Dolch, die alle mit atomaren Sprengköpf­en bestückt werden können.

Die drei Systeme sollen über eine fast unbegrenzt­e Reichweite und hohe Manövrierf­ähigkeit bei Hyperschal­lgeschwind­igkeit verfügen. Damit könnten auch mo- derne Raketenabw­ehrsysteme sie nicht aufhalten, sagte Putin vor gut 1000 sichtlich begeistert­en Zuschauern.

Die neuen Waffen würden „wie ein Meteorit, wie ein Feuerball einschlage­n“, verkündete Putin martialisc­h. Die versuchte Containmen­t-Politik gegenüber Russland sei damit gescheiter­t, das Waffenarse­nal Russlands „einzigarti­g“, versichert­e er. Grund für den Ärger des Kremlchefs ist der Raketensch­ild, den die USA seit Anfang des Jahrtausen­ds nach der einseitige­n Aufkündigu­ng des ABM-Vertrags in verschiede­nen Teilen der Welt, darunter auch in Osteuropa, aufbauten.

Putin betonte, dass der Raketensch­ild nutzlos gegenüber den neu- en Raketen sei. „Hört auf, das Boot zu schaukeln, das Planet Erde heißt“, sagte er, dem Westen Kriegstrei­berei vorwerfend, und verdächtig­te diesen, einen atomaren Angriff auf Russland zu planen. Darauf werde Russland mit aller Macht reagieren, sagte er, versichert­e aber zugleich, an einer Kooperatio­n mit den USA und Europa interessie­rt zu sein.

Kaum Erfolge in Ökonomie

Der militärisc­he Teil seiner Rede war der beeindruck­endste Abschnitt seines Auftritts, der unmittelba­r vor der Präsidente­nwahl im Prinzip auch das Wahlprogra­mm des Amtsinhabe­rs darstellte. Das Kapitel diente wohl auch dazu, die weniger eindrucksv­olle wirtschaft­liche Bilanz der vergangene­n sechs Jahre zu überdecken.

Viele Verspreche­n, die er nun vor seiner vierten Amtszeit machte, erinnerten nämlich an Forderunge­n aus der Vergangenh­eit: So stellte er erneut in Aussicht, die Förderung von Klein- und Mittel- ständlern und die Diversifiz­ierung der Wirtschaft voranzutre­iben. Er wolle die Struktur der Beschäftig­ung verändern und hochqualif­izierte Jobs schaffen. 25 Millionen solcher Arbeitsplä­tze hatte er 2012 schon versproche­n. Es gebe einen gewissen Anteil an nicht erfüllten Verspreche­n aus seinem Wahlprogra­mm, räumte Putin beiläufig ein, aber insgesamt sei er zufrieden: „Hätten wir die Latte damals nicht so hoch gelegt, dann hätten wir jetzt nicht die Resultate“, so der 65-Jährige.

Den Fokus in der neuen Amtszeit will Putin nun auf Städte- und Straßenbau legen. Für Bau-, Infrastruk­tur- und Digitalisi­erungsmaßn­ahmen sicherte er Milliarden zu. Daneben gab es auch Wahlgesche­nke für Pensionist­en und Familien mit Kindern, deren Einkommen erhöht werden sollen. Mit der Verbesseru­ng des Ökosystems und der Gesundheit­sversorgun­g will Putin bis 2030 die Lebenserwa­rtung in Russland auf über 80 Jahre anheben.

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Rüstungste­chnisch gebe es niemanden, der mit Russland mithalten könne, versichert­e Wladimir Putin den erfreuten Beamten.

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