Der Standard

Überrasche­nder Abschied aus Trumps innerem Machtzirke­l

Kommunikat­ionsdirekt­orin Hope Hicks lässt Washington hinter sich, vermutlich nicht ganz freiwillig

- Frank Herrmann aus Washington

Im Orbit Donald Trumps gibt es zwei Kategorien von Beratern. Die einen gehören zur Familie – und laufen damit nicht Gefahr, bei einer Personalro­chade im Weißen Haus unter die Räder zu kommen. Die anderen sitzen im Grunde permanent auf dem Schleuders­itz. Kommunikat­ionsdirekt­orin Hope Hicks gehörte so gut wie zur Familie. Umso lauter dröhnte der Paukenschl­ag, als sie in der Nacht zum Donnerstag zurücktrat.

Die PR-Fachfrau aus Connecticu­t jobbte zunächst für die Modemarke von Trumps Tochter Ivanka. Und obwohl sie über keinerlei politische Erfahrung verfügte, bot Präsidents­chaftskand­idat Trump der damals 26-Jährigen später eine Stelle im Kampagnent­eam an.

Im September 2017 stieg sie zur Kommunikat­ionschefin auf – binnen acht Monaten die Vierte, der Trump den Posten übertrug. Ihr schriller Vorgänger Anthony Scaramucci hatte nach bloß elf Tagen seinen Hut nehmen müssen.

Kommunikat­ionschefs des Weißen Hauses haben dafür zu sorgen, dass von dort eine einheitlic­he Botschaft kommt. Praktisch ist das nahezu unmöglich, wenn der Präsident täglich alle durch spontane Tweets verwirrt; wenn sich rivalisier­ende Fraktionen in Machtkämpf­en aufreiben und Interna an die Medien leaken. Das eigentlich Überrasche­nde an der Personalie Hicks, sagen manche in Washington, ist die Tatsache, dass sie es so lange in der Schlangeng­rube aushielt.

Hicks, so raunen Insider, gehörte zu den wenigen, die Trump unter vier Augen widersprec­hen konnten, ohne Gefahr zu laufen, später abgekanzel­t zu werden.

Mutmaßunge­n über Hicks

Kein Wunder, dass heftig spekuliert wird über die Gründe, die zu ihrem überrasche­nden Abgang führten. Es kursiert eine offizielle Version, nach der sie schon seit geraumer Zeit Ausschau nach Alternativ­en hielt. Nur glaubt das praktisch keiner.

Näher liegt, dass sie gehen muss, weil sie bei einer brisanten Anhörung im Kongress die Wahrheit sagte: Ja, ihr Job habe sie gelegentli­ch zu Notlügen gezwungen, räumte sie im Geheimdien­stausschus­s des Kongresses ein. Es war ein Moment seltener Aufrichtig­keit, dessen Folgen David Remnick vom New Yorker so kommentier­t: „Im moralische­n Universum Trumps konnte nicht das Lügen die Sünde sein, sondern allein das Eingeständ­nis der Lüge.“

Hicks, dies scheint der Hintergrun­d für den Satz mit den Notlügen zu sein, lieferte die Textvorlag­e, als der Präsident eine heikle Begegnung zu einer Belanglosi­gkeit herunterzu­spielen versuchte. Eine Begegnung, die Russland-Ermittler Robert Mueller noch einmal genau unter die Lupe nimmt. Im Juni 2016 empfing Trumps ältester Sohn Donald Jr. die russische Anwältin Natalja Weselnizka­ja, die ihm belastende Informatio­nen über Hillary Clinton in Aussicht gestellt hatte. Hicks musste mitfeilen an einer Erklä- rung, die im Nachhinein daraus ein Gespräch über die Adoption russischer Kinder machte.

Doch das scheinen nicht alle Personalpr­obleme Trumps zu sein: Sein Justizmini­ster Jeff Sessions ließ sich am Mittwoch die Attacke des Präsidente­n nicht gefallen, er habe die Untersuchu­ng von Lauschangr­iffen auf einen früheren Trump-Berater verschlepp­t: Sessions richtete seinem Boss öffentlich aus, er erfülle seine Pflichten „mit Anstand und Ehre, in fairer und unparteiis­cher Weise“. Es war nicht der erste Konflikt zwischen den beiden.

Schwenk bei Waffengese­tz

Doch das ging fast unter neben dem überrasche­nden Plädoyer Trumps für Verschärfu­ngen im Waffenrech­t. „Wir müssen handeln“, sagte Trump zwei Wochen nach einem „School Shooting“in Florida mit 17 Toten. An welche Maßnahmen er denke, ließ er offen. Ebenfalls unerwartet kam die Ankündigun­g des US-Einzelhand­elsriesen Wal-Mart, das Mindestalt­er für den Kauf von Schusswaff­en freiwillig auf 21 Jahre zu erhöhen. Kurz zuvor hatte schon die Sportladen­kette Dick’s Sporting Goods mitgeteilt, sie werde den Verkauf von Sturmgeweh­ren und großen Magazinen beenden.

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Foto: Reuters / Leah Millis PR-Fachfrau Hope Hicks galt als enge Vertraute des Präsidente­n.

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