Soziales Stigma Drogensucht
Nur jeder Sechste weltweit erhält eine Drogentherapie
Wien – Um Drogenabhängigkeit wirksam zu bekämpfen, brauche es vor allem ausreichend Therapieplätze, sagte Viroj Sumyai, Präsident des Internationalen Suchtstoffkontrollrats (INCB), anlässlich der Präsentation des Jahresberichts der Organisation. Das soziale Stigma, das Drogenabhängigen anhafte, stelle ein wesentliches Hindernis beim Clean-Werden dar. Die Therapie, um von der Drogensucht loszukommen, sollte laut INCB als Teil des Menschenrechts auf Gesundheit wahrgenommen werden.
Hinzu komme, dass eine Therapie für die Gesellschaft insgesamt „kosteneffektiv“sei, so Sumyai. Besonders zugehen müsse man auf Gruppen am Rande der Gesellschaft, Flüchtlinge, Prostituierte oder Gefängnisinsassen. Derzeit hat nur einer von sechs Drogenabhängigen Zugang zu Behandlung.
Globale „Schmerzkluft“
Was die Verfügbarkeit von Opioiden angeht, macht der INCB eine globale „Schmerzkluft“aus: Die einen haben zu wenig, die anderen zu viel davon. So fehlt in einkommensschwachen Ländern ein ausreichendes Angebot an bestimmten Schmerzmitteln wie Morphin, um etwa eine Heroinabhängigkeit mit Ersatzmedikamenten behandeln zu können. In einkommensstarken Ländern wird hingegen eine Opioid-Epidemie verzeichnet, ausgelöst vor allem durch laxe Verschreibungsmethoden.
Für viele Patienten ist die Abhängigkeit von Schmerzmitteln ein Einfallstor für Heroin, welches dann als Ersatz konsumiert wird. Vor allem Nordamerika hat mit einer stark steigenden Anzahl an Opioid-Überdosen zu kämpfen. 2016 starben alleine in den USA 64.000 Menschen an einer Überdosis. Zurückzuführen ist das vor allem auf eine hohe Zahl an verunreinigten Drogen mit einer tödlichen Dosis des Stoffs Fentanyl, der als billige Heroinvariante in Umlauf gebracht wird.
Von Afghanistan nach Europa
Innerhalb der Europäischen Union ist Drogenschmuggel diejenige kriminelle Aktivität, die am meisten Profit erzielt: 24 Milliarden Euro werden jährlich lukriert. Über eine Million Sicherstellungen wurden verzeichnet. Zu 71 Prozent handelte es sich um Cannabis, gefolgt von Kokain ( neun Prozent) und Amphetaminen sowie Heroin (jeweils fünf Prozent). Geschätzt wird, dass 93 Millionen EU-Bürger zwischen 15 und 64 Jahren in der EU bereits einmal illegale Substanzen konsumierten. Cannabis bleibt dabei die beliebteste Droge und wird von einem Prozent täglich konsumiert. Zum dritten Mal in Folge wurde auch in Europa ein Anstieg von Herointoten registriert.
Die „Balkanroute“bleibt der dominierende Drogenkorridor in Osteuropa. „Das wird so lange der Fall sein, bis in Afghanistan weniger Opium produziert wird“, sagte INCB-Präsident Sumyai. Die internationale Staatengemeinschaft sei dringend aufgefordert, das Land zu unterstützen, um die Opiumproduktion, die im Vorjahr auf einen Rekordwert von 9000 Tonnen stieg, in den Griff zu bekommen.