Der Standard

Kärntens Wirtschaft: „Da tut sich Gewaltiges“

Industrie und IT-Branche boomen – Der Arbeitsmar­kt bleibt aber das Sorgenkind

- Walter Müller

Klagenfurt – Ein Blick auf statistisc­hes Material der Kärntner Wirtschaft überrascht: Das von außen als pure Tourismusd­estination wahrgenomm­ene Bundesland hat in seiner ökonomisch­en Substanz eigentlich ganz andere Fundamente: die Industrie, die IT-Branche, den produziere­nden Sektor.

Hochgerech­net liegt der gesamte volkswirts­chaftliche Effekt der Kärntner Industrie samt den mit ihr zusammenhä­ngenden Dienstleis­tungsbranc­hen bei 54 Prozent der regionalen Bruttowert­schöpfung. Das heißt: Mehr als die Hälfte der Wertschöpf­ung und knapp die Hälfte der Beschäftig­ten des Bundesland­s kommen aus dem Produktion­ssektor.

Der Tourismusa­nteil, wofür Kärnten eigentlich bekannt ist, macht lediglich 6,5 Prozent aus – inklusive der erweiterte­n Freizeitwi­rtschaft sind es 15 Prozent.

„Die Chancen des Bundesland­es liegen eindeutig im Bereich der Industrie und Innovation. Da tut sich Gewaltiges“, sagt der Sprecher der Kärntner Industriel­lenvereini­gung, Gilbert Waldner.

Rund um den Halbleiter­konzern Infineon in Villach habe sich in den letzten Jahren eine Elektronik-Kompetenzr­egion entwickelt, die in die Steiermark und nach Oberösterr­eich ausstrahle. Stichwort: „Silicon Austria – Silicon Alps“. Die Zuwachsrat­en seien „hoch erfreulich“, auch die F&EQuote ziehe deutlich an, sagt Waldner. „Die wirtschaft­liche Situation in Kärnten ist wirklich überrasche­nd gut“, sagt auch Arbeiterka­mmerpräsid­ent Günther Goach im Gespräch mit dem Standard. Vor allem der Hochtechno­logieberei­ch rund um Infineon mache optimistis­ch, bestätigt Goach.

Allein im Umfeld des Konzerns seien in den letzten Jahren 82 Spin-offs mit neuen, hochqualif­izierten Arbeitsplä­tzen entstanden.

Allein: Die allgemeine Arbeitslos­igkeit im Land mache nach wie vor Sorgen, sie sei nach Wien die zweithöchs­te im Bundesgebi­et. Die Stimmung bessere sich zwar langsam, aber der Altersbere­ich der 50 plus bleibe der ganz große Problember­eich.

Und auch die Abwanderun­g aus dem Bundesland in die größeren Städte wie Graz oder Wien bereite Kopfzerbre­chen. Vor allem auch, weil Kärnten momentan über die höchste Quote an Maturanten und Maturantin­nen verfüge, die aber zum Großteil nicht in Kärnten gehalten werden könnten und für das Studium wegzögen.

„Dabei bräuchten wir dringend qualifizie­rte Arbeitskrä­fte. Weil eben auch die Industrie boomt“, sagt Waldner.

Das Land kann hier nur marginal Hilfe anbieten. „Es fehlt natürlich an Budgetmitt­eln. Wenn wir nur einen Teil der jährlich zu zahlenden 40 Millionen wegen des Hypodesast­ers hätten, kämen wir schon weit“, sagt Goach. Aber er sei zumindest „froh, dass die Zeit der Brot und Spiele und der Druck, der in den Haiderjahr­en geherrscht hat, nun vorbei ist“.

 ??  ?? Reinraum im Infineon-Werk in Villach. Rund um den Halbleiter­konzern hat sich ein Netzwerk aus IT-Spin-offs entwickelt.
Reinraum im Infineon-Werk in Villach. Rund um den Halbleiter­konzern hat sich ein Netzwerk aus IT-Spin-offs entwickelt.

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