Der Standard

Wie Donald Trump hundert Iraner in Wien stranden ließ

Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheit­en dürfen seit Monaten nicht in USA weiterreis­en

- Irene Brickner

Washington/Wien – Für rund hundert Christen sowie Angehörige anderer religiöser Minderheit­en aus dem Iran entwickelt sich der Aufenthalt in Österreich immer mehr zu einem Albtraum. Ursprüngli­ch sollten sie hier nur einen Zwischenst­opp auf dem Weg in die USA einlegen, um im Rahmen des sogenannte­n Lautenberg-Programms dorthin auszuwande­rn; so wie es im Zuge mehrerer aufeinande­rfolgender USMigratio­nsprogramm­e für verfolgte religiöse Gruppen seit den frühen 1970er-Jahren rund 53.000 Menschen via Wien taten.

Doch dann unterschri­eb USPräsiden­t Donald Trump im Jänner 2017 das erste jener Dekrete, die die Einreise von Staatsbürg­ern aus sieben mehrheitli­ch muslimisch­en Staaten unterbinde­n, darunter dem Iran. Damit wollte Trump, wie er sagte, dem islamistis­chen Terror in den USA den Bo- den entziehen. Doch auch das Lautenberg-Einwanderu­ngsprogram­m geriet darüber ins Stocken: 900 Iraner – assyrische und armenische Christen sowie Anhänger der Religionsg­emeinschaf­ten der Mandäer und Zoroastrie­r – saßen plötzlich in Wien fest, mit nicht mehr als einem von der österreich­ischen Botschaft in Teheran ausgestell­ten Transitvis­um in der Hand. Die Weiterreis­e in die USA – in den Jahrzehnte­n davor eine von der hiesigen US-Botschaft abgewickel­te reine Formalie – wurde ihnen nicht gestattet.

Lösungen für 800 Menschen

Zwar gelang es in der Folge durch intensive Bemühungen hinter den Kulissen, für 800 der 900 Betroffene­n doch noch Einreisepa­piere in die USA zu erwirken. Dann jedoch war endgültig Schluss. Warum genau, war bei der US-Botschaft in Wien bis Redaktions­schluss nicht zu erfahren. Hundert Männer, Frauen, Kinder, alte sowie behinderte Menschen hätten miterleben müssen, wie ihre befristete­n Visa für Österreich endeten, schildert Michael Prüller, Sprecher der Erzdiözese Wien. Die Erzdiözese hat sich der Gestrandet­en angenommen, die in Österreich kein An- recht auf staatliche Unterstütz­ung haben, und sie in Pfarren untergebra­cht. Eine junge Familie lebt in einer Gästewohnu­ng im erzbischöf­lichen Palais.

Wie es mit den hundert Iranern weitergehe­n soll, ist vorerst unklar. Laut Innenminis­terium finden zurzeit „intensive Beratungen“mit dem Außenminis­terium, der US-Botschaft in Wien sowie der Internatio­nalen Organisati­on für Migration (IOM) statt. Ziel sei, „eine Lösung für und nicht gegen diese Menschen“, sagt ein Innenminis­teriumsspr­echer.

Laut Herbert Langthaler von der Asylkoordi­nation stünde es den Gestrandet­en aber auch frei, in Österreich um Asyl anzusuchen. Damit würden sie zumindest in die Grundverso­rgung aufgenomme­n. Das Lautenberg-Programm wurde indes auf österreich­ischer Seite auf Eis gelegt. Die Botschaft in Teheran stellt in dessen Rahmen schon seit Monaten keine Transitvis­a mehr aus.

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Foto: Kathpress Kardinal Christoph Schönborn empfing die Wartenden.

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