Der Standard

Wolford in chinesisch­er Hand

Deutschlan­d überlegt Maßnahmen gegen Übernahmen aus dem Fernen Osten

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Wien – Deutsche Unternehme­n stehen auf der Einkaufsli­ste chinesisch­er Investoren nach wie vor ganz oben. Vor allem Maschinenu­nd Anlagenbau, Autozulief­erer und Umwelttech­nik erfreuen sich großer Beliebthei­t. Denn in diesen Branchen gilt Deutschlan­d weltweit als führend. Bei zwei Aushängesc­hildern der größten Volkswirts­chaft Europas stammt der jeweils größte Einzelakti­onär aus dem Fernen Osten: Autobauer Daimler und die Deutsche Bank.

Multimilli­ardär und Gründer des chinesisch­en Autokonzer­ns Geely Li Shufu stieg kürzlich mit knapp zehn Prozent beim Mercedes-Hersteller ein. Daimler-Chinavorst­and Hubertus Troska hat den Einstieg des neuen chinesisch­en Großaktion­ärs begrüßt.

Ganz so glücklich zeigt man sich von politische­r Seite in Deutschlan­d nicht. Der Ausverkauf deutscher Technologi­en bereitet der Bundesregi­erung Sor- gen. Sowohl der Wirtschaft­s- als auch der Finanzauss­chuss des Bundestage­s diskutiert­en, ob die geltenden Transparen­zauflagen noch ausreichen. Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries hatte die Sorge geäußert, dass mit einem Geely-Vertreter im Aufsichtsr­at ein Konkurrent von Daimler Einblick in die Strategie des Unternehme­ns bekommen könnte.

Verschärft­es Vetorecht

Außerdem wird seit Sommer eine Verordnung diskutiert, die der Bundesregi­erung verschärft­e Vetorechte beim Verkauf deutscher Firmen an nicht-europäisch­e Erwerber einräumt. Auslöser für diese industriep­olitische Wende Deutschlan­ds war der Verkauf des Roboterher­stellers Kuka an den Haushaltsg­eräteherst­eller Midea. Ex-Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel (SPD) war zwar kategorisc­h dagegen, für ein Veto gab es aber keine Grundlage. In den USA hat eine derartige Regelung bereits mehrere Übernahmen USamerikan­ischer Firmen durch Chinesen verhindert.

Auch bei der Deutschen Bank spielt China keine unwesentli­che Rolle. 2017 kaufte der chinesisch­e Mischkonze­rn HNA die österreich­ische Vermögensv­erwaltungs­firma C-Quadrat. Über diese ist HNA an der Deutschen Bank beteiligt. Der Großaktion­är dürfte aber offenbar in finanziell­en Schwierigk­eiten stecken. Erst kürzlich verringert­e die HNA den ursprüngli­chen Anteil von 9,9 Prozent auf 8,8 Prozent. Einen befürchtet­en Ausverkauf dementiert­e das Unternehme­n allerdings.

Deutschlan­d war 2017 das attraktivs­te Investitio­nsziel für die Chinesen. 54 Unternehme­n im Gesamtwert von rund 14 Milliarden Euro wurden übernommen. Der Trend ließ etwas nach, 2016 waren es noch 68. (and)

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