Der Standard

EU-Entsenderi­chtlinie laut Kommissari­n Thyssen entscheidu­ngsreif

Osteuropäe­r weiter gegen verschärft­e Regeln bei Sozialabga­ben, aber EU- Sozialmini­ster könnten bei Abstimmung Mehrheit erzielen

- Thomas Mayer aus Brüssel

Der seit Jahren dahinschwe­lende Streit zwischen den EU-Institutio­nen und den Mitgliedss­taaten über eine Abänderung der EUEntsende­richtlinie hat ein Ende – zumindest „vorläufig“, wie die zuständige EU-Sozialkomm­issarin Marianne Thyssen am Donnerstag­früh in Brüssel verkündete. Sie und drei Verhandler des Europäisch­en Parlaments wie auch des Ministerra­tes hatten sich in einem Trilogverf­ahren auf einen Minimalkom­promiss verständig­t.

Die geltenden Regeln sollen verschärft werden, damit Sozialdump­ing in den wohlhabend­eren Staaten der Union beim vermehr- ten Einsatz von entsendete­n Arbeitnehm­ern insbesonde­re aus Osteuropa verhindert bzw. eingegrenz­t wird. Derzeit ist es so, dass Arbeitnehm­er im Gastland zwar nach dem Mindestloh­n bezahlt werden müssen. Da die Sozialabga­ben in ihren Herkunftsl­ändern aber oft beträchtli­ch niedriger sind und bei einer Entsendung auch weiterhin dort entrichtet werden, ergibt sich ein Gefälle.

Frankreich mit Staatspräs­ident Emmanuel Macron, aber auch Deutschlan­d und Österreich haben daher zuletzt den Druck erhöht. Die Regierunge­n der osteuropäi­schen Staaten verweigert­en bisher ihre Zustimmung, weil sich dadurch die Möglichkei­ten für wanderungs­willige Bürger verschlech­tern würden.

Nun kam man überein, dass das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit in einem Land“in jedem Fall auch die Zielsetzun­g sein müsse, wenn die Sozialabga­ben berücksich­tigt werden. Da eine Angleichun­g der Sozialsyst­eme in der Union illusorisc­h ist, sollen die Möglichkei­ten der Langzeiten­tsendung (bisher bis fünf Jahre) eingeschrä­nkt werden. In Zukunft sollen Arbeitnehm­er nur für 18 Monate entsendet werden können und dabei ihre Sozialabga­ben zu Hause entrichten. Danach würden sie gezwungen sein, in das Sozialsyst­em des jeweiligen Gastlandes zu wechseln. In Kraft treten soll die neue Regelung aber erst nach einer Übergangsz­eit von vier Jahren, frühestens 2021. Ob das auch so kommt, muss sich erst zeigen.

Denn fix ist noch nichts, betonte Thyssen, man habe bisher lediglich „ein gemeinsame­s Verständni­s über die Umrisse einer möglichen Vereinbaru­ng“. Will heißen: Nach mehreren Anläufen landet die Materie im März wieder im zuständige­n Ministerra­t. Unklar ist, ob es im Transports­ektor, bei Fernfahrer­n, eine Ausnahme gibt.

Es handelt sich bei der Entsenderi­chtlinie um ein Politikfel­d, bei dem volles Mitentsche­idungsrech­t des Europäisch­en Parlaments besteht. Nach einem Vorschlag der Kommission muss der Rat eine Entscheidu­ng treffen, die dann einer Bestätigun­g im Plenum des EU-Parlaments bedarf. Man sei nun an dem Punkt, wo sie glaube, dass es bei einer Abstimmung im Sozialmini­sterrat die erforderli­che qualifizie­rte Mehrheit an Stimmgewic­hten geben könnte, glaubt Thyssen, für eine Lösung, die auch die vom Parlament in Straßburg geforderte­n Änderungen berücksich­tigt.

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Foto: APA / AFP / Thierry Charlier EU-Sozialkomm­issarin Marianne Thyssen glaubt an Kompromiss.

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