Der Standard

China in Shoppingla­une

Firmenüber­nahmen durch chinesisch­e Investoren nehmen zu. Der Verkauf von Wolford wurde am Donnerstag bekannt. Die Vorarlberg­er teilten damit das gleiche Schicksal wie FACC, Diamond Aircraft, Huber oder C-Quadrat.

- Andreas Danzer, Jutta Berger

Bregenz – Knalleffek­t in Vorarlberg, der Strumpfher­steller Wolford bekommt neue Besitzer aus China. Eigentlich hätte die Übernahme zuerst firmeninte­rn kommunizie­rt werden sollen. Doch die Nachricht drang nach außen, was im Stammhaus in Bregenz und auch bei den Verhandlun­gsteams in Wien „riesigen Wirbel“ausgelöst haben soll. Der Vertragsab­schluss war nämlich erst für Donnerstag­abend geplant.

Es ist keine Seltenheit mehr, dass chinesisch­e Investoren europäisch­e Firmen übernehmen. 247mal ist das laut einem Bericht der Wirtschaft­sprüfungsa­gentur Ernst & Young im Vorjahr in Europa passiert. Insgesamt wechselten 57,6 Milliarden Euro dabei den Besitzer. Fünf heimische Unternehme­n wurden von Investoren aus dem Reich der Mitte übernommen, 2016 waren es noch drei. Österreich liegt damit außerhalb des gesamteuro­päischen Trends, denn Unternehme­nskäufe- oder Beteiligun­gen gingen 2017 um 20 Prozent zurück. Die Transaktio­nszahl war aber dennoch die zweithöchs­te aller Zeiten. „Österreich befindet sich nach wie vor nur am Rande des Radars chinesisch­er Investoren. Daher wirkt sich die abebbende Kauflust hierzuland­e kaum aus. Die einzelnen M&AAktivität­en verdeutlic­hen aber, dass sie auch in Österreich gezielt nach Topbetrieb­en mit starker Spezialisi­erung und führenden Technologi­en Ausschau halten“, sagt Eva-Maria Berchtold von Ernst & Young. Das Interesse chinesisch­er Investoren gelte vorrangig Industrie- und Technologi­eunternehm­en sowie dem Finanzund Energiesek­tor.

Heimische Übernahmen

Für große Aufmerksam­keit sorgte die Übernahme von Tele2 durch den Mobilfunkk­onzern Hutchison Drei um rund 95 Millionen Euro. Bei vier weiteren Transaktio­nen durch chinesisch­e Investoren wurde der Wert nicht veröffentl­icht: Der Mischkonze­rn HNA Group wurde Mehrheitse­igentümer bei der Wiener Fondsgesel­lschaft C-Quadrat. Weiters stieg die chinesisch­e Haier Group beim Kärntner Solarunter­nehmen GreenoneTe­c ein, und der Luftfahrt-Hersteller Diamond Aircraft mit Sitz in Wiener Neustadt wurde von der chinesisch­en Wanfeng Aviation Industry Corporatio­n übernommen.

31-mal floss seit 1993 Geld aus China in heimische Unternehme­n, entweder zur Übernahme oder als Beteiligun­g. Zu den prominente­sten Namen in dieser Liste zählen FACC, Steyr Motors, Palfinger oder Salamander Schuhe.

Zurück ins Ländle: Die Fosun Industrial Holdings Limited mit Sitz in Hongkong will die Aktienmehr­heit, 50,87 Prozent des Grundkapit­als, von Wolford übernehmen. 22 Millionen Euro sollen als Kapitalerh­öhung zufließen.

Die Wolford AG hat turbulente Jahre hinter sich. Allein im Geschäftsj­ahr 2016/17 betrug der Verlust 18 Millionen Euro. Seit Monaten suchte man nach einem Investor. Die Zustimmung der Hauptversa­mmlung im Mai und der Kartellbeh­örde vorausgese­tzt, ist er mit Fosun gefunden.

Strategie von Fosun ist, europäisch­e Luxusmarke­n aufzukaufe­n und an der Londoner Börse zu handeln. Was konkret aus den Produktion­sstätten in Vorarlberg und Slowenien wird, ist ungewiss. Wolford beschäftig­t 1476 Menschen, 637 in Österreich.

Chinesisch­e Investoren sind in der Vorarlberg­er Textilindu­strie nicht neu. Huber ist seit zehn Jahren im Besitz der australisc­h-chinesisch­en Benger Brands Ltd von Robert Ng. Forbes zählt den Milliardär aus Singapur zu den reichsten Männern Südostasie­ns. Robert Ng machte Huber zum multinatio­nalen Wäschekonz­ern. Markenware der Labels Huber, Skiny, Hanro, Hom wird in Mäder (Vorarlberg), Portugal und Bulgarien produziert.

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