Der Standard

Kleinverdi­ener kurzgehalt­en

- Gerald John

Keine Frage: Der Familienbo­nus ist nicht der größtmögli­che Unsinn, der sich auf diesem politische­n Feld anstellen lässt. Der neue Steuerabse­tzbetrag ist gerechter als das bisherige Modell, die Mittelschi­cht profitiert im Verhältnis stärker als die Reichen, eine explizite Heimchen-am-Herd-Prämie ist nicht versteckt.

Doch gelungen ist das Prestigepr­ojekt deshalb noch lange nicht. Da schüttet die Koalition 1,2 Milliarden Euro aus – und hält ausgerechn­et jene kurz, die am meisten Unterstütz­ung benötigen: Ein Drittel der Arbeitnehm­er hat vom Familienbo­nus nichts, weil sie so wenig verdienen, dass sie keine Lohnsteuer zahlen. Alleinverd­ienern und Alleinerzi­ehern hat die Regierung zwar eine gewisse Kompensati­on versproche­n, doch eine krasse Benachteil­igung bleibt.

Dass Kleinverdi­ener, wie oft suggeriert wird, keine Steuern zahlten, also nicht entlastet werden könnten, sind Fake News. Die Lohnsteuer schlägt nicht zu, doch indirekte Steuern und Sozialvers­icherung sind eine besondere Last.

Will die Regierung allen Familien – und nicht nur jenen aus ihrer Kernwähler­schicht – ordentlich unter die Arme greifen, sollte sie zusätzlich­es Geld so ausgeben, wie das skandinavi­sche Länder vorzeigen: für bessere Kinderbetr­euung, damit Frauen Kind und Job unter einen Hut bringen können. Österreich hat da zwar aufgeholt, doch immer noch schließen Kindergärt­en und Co vielerorts zu oft und zu früh. Die Chance, (mehr) zu arbeiten, bietet Familien eine bessere Absicherun­g, als dies ein Steuerzuck­erl vermag.

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