Der Standard

Rücktritt als Fortschrit­t

- Fritz Neumann

Rasoul Khadem Azghadi hat ein Zeichen gesetzt. Der legendäre iranische Ringer, der 1996 der erste Olympiasie­ger der Islamische­n Republik und später erfolgreic­her Trainer war, erklärte seinen Rücktritt als Verbandspr­äsident. Auch weitere hochrangig­e Funktionär­e legten ihre Funktionen zurück. Es ist nicht ganz klar, gegen wen oder wogegen sie protestier­en. Der Funktionär Khadem gilt als konservati­v. Doch der Sportsmann Khadem findet sich nicht mehr damit ab, dass iranische Ringer – und Trainer – immer wieder gesperrt werden, wenn sie Kämpfen mit israelisch­en Ringern aus dem Weg gehen, sei es durch absichtlic­he Niederlage­n in der Runde davor, sei es durch Ausreden auf angebliche Verletzung­en.

Alireza Karimi hatte bei der U23-WM 2017 auf Geheiß seiner Betreuer als Titelfavor­it verloren und so ein Duell mit einem Israeli vermieden. Kürzlich wurde er für sechs Monate gesperrt. Das war der Schwall, der für Khadem das Fass zum Überlaufen brachte. Er beklagt natürlich zu Recht, dass Sportler, die sich „jahrelang vorbereite­n“, zum Handkuss kommen und um Prämien umfallen.

Die Frage ist, wen Khadem beeindruck­en will und kann. Zu glauben, dass die maßgeblich­en Kräfte im Iran sich des Sports wegen zu einer völlig neuen Haltung gegenüber Israel entschließ­en, wäre naiv. Doch die Hoffnung, dass dem mit sich ringenden Land im Sport eine Stütze erwächst, mag nicht zu weit hergeholt sein.

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