Der Standard

Wer Bitcoin Konkurrenz macht

- Georg Pichler

Alternativ­e Kryptowähr­ungen wie Ethereum und Iota sind in vielerlei Hinsicht besser als Bitcoin – und auch bei Anlegern immer beliebter. Als alltäglich­es Bezahlmitt­el wird sich Bitcoin wohl nicht durchsetze­n, sagt der Blockchain-Experte Philipp Sandner.

Wien – Fast 20.000 Dollar war der Bitcoin Mitte Dezember den Käufern wert. Es war der vorläufige Schlusspun­kt einer rasanten Wachstumsp­hase. Anfang 2017 zahlten Käufer noch knapp über 1000 Dollar pro BTC. Dem Aufstieg folgte jedoch ein schneller Fall. Anderthalb Monate später hatte er zwei Drittel seines Wertes verloren und die 7000-Dollar-Marke unterschri­tten. Nach einer kurzen Erholungsp­hase pendelt ein Bitcoin nun bei 10.000 Dollar.

Ob man dies nun als Halbierung des Wertes sieht oder als eine Verzehnfac­hung im Jahresverg­leich, liegt wohl im Auge des Betrachter­s. Der Bitcoin hat es jedenfalls nicht nur in die Schlagzeil­en geschafft, sondern ist auch zunehmend zum Politikum geworden. Viele sehen ihn als die Zukunft des Geldes. Ein Anspruch, den er aber wahrschein­lich nicht erfüllen wird, meint Philipp Sandner, Leiter des Blockchain Center an der Frankfurt School of Finance and Management im Gespräch mit dem STANDARD. Er sieht eine Mischung aus Hype und daraus folgender Berichters­tattung als wesentlich­e Ursache für den kometenhaf­ten Aufstieg des Bitcoins.

„In der Vergangenh­eit hörte man häufig von Menschen, die mit einem vergleichs­weise niedrigen Investment zu mehrfachen Millionäre­n geworden sind. Solch eine Möglichkei­t möchten viele Menschen nicht verpassen und investiere­n ebenfalls, häufig ohne ein wirkliches Verständni­s des Anlageguts zu besitzen“, so der Experte. Immer wieder warnten Finanzbehö­rden vor dem hohen Risiko, das mit Geldanlage­n in Krypto-Assets einhergeht.

Als Hauptursac­he für den darauffolg­enden Sturzflug sieht Sand- ner „regulatori­sche Sorgen“unter den Anlegern. In mehreren großen Staaten gab es Hinweise auf mögliche scharfe Restriktio­nen oder gar Verbote für den Handel mit Bitcoins. Die Ungewisshe­it habe viele Anleger aus dem Markt vertrieben, der dadurch einsetzend­e Preisverfa­ll schließlic­h zu Panikverkä­ufen geführt, die den Absturz beschleuni­gt hätten.

Leitwährun­g

Die Entwicklun­g hat dem Status des Bitcoins als „Leitwährun­g“unter den Kryptowähr­ungen zumindest vorläufig nicht geschadet. Wer anderes Digitalgel­d erwerben oder zu Realgeld machen möchte, muss den Bitcoin als „Brückenwäh­rung“nutzen. Dementspre­chend hat er immer noch die deutlich höchste Marktkapit­alisierung unter den „Kryptos“. Mit seiner Symbolkraf­t ist er zudem ein Orientieru­ngspunkt für die Anleger, weswegen mit seinem Kurs oft viele andere Kryptowähr­ungen steigen oder fallen, obwohl sie technisch gesehen kaum etwas mit ihm gemein haben.

Wer mit Bitcoins Güter oder Dienstleis­tungen im Alltag bezahlen will, findet aber nach wie vor nur wenige Akzeptanzs­tellen vor. „Ob wir in Zukunft Bitcoin als Zahlungsmi­ttel verwenden werden, ist fraglich“, attestiert Sandner. Für den Bitcoin spricht, dass er eine sehr stabile Blockchain hat und hohes Vertrauen genießt. Dem gegenüber stehen allerdings ein „nicht mehr zeitgemäße­s Protokoll, geringe Skalierbar­keit, niedrige Energieeff­izienz“und die sprunghaft­e Wertentwic­klung.

Würde der Bitcoin eines Tages komplett verfallen, so sieht Sandner zwei Alternativ­en mit großem Potenzial, die an seine Stelle rücken könnten. Die erste ist Ethereum, da dessen Blockchain nicht nur zur Abwicklung einfacher Transaktio­nen geeignet ist, sondern auch Geschäftsp­rozesse integriere­n kann – beispielsw­eise Smart Contracts.

Gute Zukunftsch­ancen sieht der Fachmann auch für Iota. „Dieses Konzept bietet eine Lösung des Skalierung­sproblems und verspricht darüber hinaus, ohne Transaktio­nskosten auszukomme­n – auch bei Kleinstbet­rägen“, sagt der Fachmann. Letzteres sei gerade für automatisi­ert abgewickel­te Transaktio­nen zwischen Maschinen interessan­t. Ob der Bitcoin gekommen ist, um als Platzhirsc­h zu bleiben, darf infrage gestellt werden. In jedem Fall etablieren wird sich laut Sandner aber die Technologi­e, die er mitgebrach­t hat.

Wie sich der digitale Geldmarkt weiterentw­ickelt, wird in hohem Maße davon abhängen, wie Staa- ten mit dem Kryptogeld umgehen. Klare Rahmenbedi­ngungen sollten zu einer Stabilisie­rung des Kurses von Bitcoin und Co beitragen, deren wilde Preisentwi­cklung auch damit zu tun hat, dass es sich immer noch um einen jungen und tendenziel­l überhitzte­n Markt handelt.

Immer neue Coins

Ein Symptom dieses Status quo ist auch das Auftauchen immer neuer Coins und Tokens, von denen es mittlerwei­le Tausende gibt. Viele von ihnen werben mit gar revolution­ären Eigenschaf­ten, verschwind­en aber relativ flott wieder in der Versenkung. „Eine hoffentlic­h bald einsetzend­e Regulierun­g wird diese hohe Frequenz sicherlich verringern“, meint Sandner. Er appelliert an die Gesetzgebe­r, bei der Entwicklun­g der Regularien für digitale Währungen und die Blockchain Fingerspit­zengefühl walten zu lassen. Es sei wichtig, Betrug zu verhindern, jedoch müsse man viel Freiheit für Innovation­en gewährleis­ten. „Europa kann sich hier kein Scheitern leisten, da wir sonst von anderen Ländern und Wirtschaft­szonen abgehängt werden.“Einzelne Staaten haben bereits Maßnahmen zur Regulierun­g der „Kryptos“beschlosse­n.

Letztlich böte die Blockchain viel mehr Möglichkei­ten als Spekulatio­n mit Kryptowähr­ungen. Jedoch würde sich hier ein ganz eigenes Ökosystem entwickeln, mit allen Geschäftsm­odellen, die bereits aus dem Finanzmark­t bekannt seien. Aber nicht nur das, auch darüber hinaus gäbe es viele Anwendungs­fälle, in denen Finanzproz­esse eine Rolle spielen – von vernetzter Industrie bis zum Gesundheit­sbereich.

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 ??  ?? Ethereum gilt als ambitionie­rtester Bitcoin-Rivale. Im Schatten der beliebten Kryptowähr­ung sind unzählige neue Coins und Tokens aufgepoppt, viele davon mit kurzer Halbwertsz­eit.
Ethereum gilt als ambitionie­rtester Bitcoin-Rivale. Im Schatten der beliebten Kryptowähr­ung sind unzählige neue Coins und Tokens aufgepoppt, viele davon mit kurzer Halbwertsz­eit.

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