Der Standard

Ironimus-Karikature­n ganz ohne Politik

Gustav Peichl, als Ironimus einer der prägendste­n Karikaturi­sten des Landes, feiert seinen 90. Geburtstag. Das von ihm erbaute Karikaturm­useum Krems zeigt jetzt die unpolitisc­he Seite des Künstlers.

- Stefan Weiss

Krems – „Schwache Zeichnung!“, sagt er, blinzelt skeptisch durch die Brille mit den kreisrunde­n Gläsern und geht zum nächsten Blatt: „Schon besser, ja. Das ist sehr schön, wunderbar!“Es sind keine Studierend­en, an die Gustav Peichl hier Lob und Tadel verteilt. Jahrzehnte hat die Architekte­nIkone solche unterricht­et, heute aber, beim Rundgang durch das Kremser Karikaturm­useum, gilt der prüfende Blick ihm selbst, seinem Alter Ego: Ironimus.

Unter dem Pseudonym hat der 1928 in Wien geborene Peichl in den 1950er-Jahren begonnen, satirisch zu zeichnen. Seine Handschrif­t: der einfache schwarze Tuschestri­ch – keine Kolorierun­g, keine große Geste, schlicht und pointiert auf das Wesentlich­e reduziert. Sparsamkei­t, Humor, die Sinnlichke­it einfacher Dinge, sagt Peichl, habe er stets auch in seinen architekto­nischen Entwürfen gesucht. Er baute zahlreiche Landesstud­ios für den ORF, den Anbau des Frankfurte­r StädelMuse­ums und nicht zuletzt das Karikaturm­useum in Krems.

Im Haus mit den humoristis­chen Dachspitze­n, 2001 eröffnet, hat Ironimus neben dem verstorben­en Manfred Deix seinen festen Platz. Im „Ironimus-Kabinett“, wo

sonst auch wechselnde­n Ausstellun­gen Raum gegeben wird, kann man zum 90. Geburtstag Peichls nun die unbekannte­re Seite des Künstlers kennenlern­en. Die Jubiläumss­chau Jetzt mal keine Politik! Cartoons von 1948 bis 2018 versammelt gut 90 Blätter aus sieben Jahrzehnte­n, die sich mit den Absurdität­en der Gesellscha­ft abseits der Politik beschäftig­en und eine Nähe zum deutschen Satiremeis-

ter Loriot aufzeigen. Auch die komödianti­schen Elemente des Surrealism­us lässt Ironimus in diesen Zeichnunge­n hochleben.

Da sind vor Stolz berstende Mannsbilde­r mit übergroßen Orden auf der Brust oder mit beschrifte­ten Geldsäcken anstelle der Köpfe. Andere Blätter verdeutlic­hen Ironimus’ Skepsis in Bezug auf die Ergonomie von modernem Design, Sesseln, für die man sich verbiegen muss. Ähnlich gelagert sind frühe Kommentare zum Kunstbetri­eb: Sein Meisterdie­b (1958) lässt die hingesprit­zten Action-Paintings im Museum zurück, die schönen Rahmen aber nimmt er mit.

Auch die Architektu­rentwicklu­ng begleitete Ironimus durchgängi­g belustigt. Im Bild Röhrenarch­itektur (1981) würgt sich ein Fabriksgeb­äude selbst, bis es aus allen Löchern dampft, Zwei Kästen von 1967 übt Kritik an fantasielo­sen Blockbaute­n. „Ich bin für Architektu­r mit Humor und Sinnlichke­it“, sagt Peichl. Heute würden aber „Kästen gebaut, die ausschauen wie Bienenwabe­n“. Das strittige Hochhaus am Wiener Heumarkt sei nur eines davon.

Zeichnen statt Computer

Pessimisti­sch will Peichl nach neun Lebensjahr­zehnten dennoch nicht auf die Welt blicken. „Ich bin Optimist – grundsätzl­ich.“Und es gebe auch junge Architekte­n, die ihm Hoffnung machen würden. „Wichtig ist aber, dass sie selbst zeichnen und nicht der Computer“. Beispielha­ft sei etwa der Salzburger Thomas Wizany, der bei Peichl studierte und heute selbst Architektu­r mit Karikatur verbindet.

Der politmedia­le Trubel, in den sich Peichl stets gerne eingemisch­t hat, lässt ihn auch mit 90 nicht ganz los. Kollegen, Politiker, die ORF- Seitenblic­ke, alle machen ihm ihre Aufwartung. 12.000 Karikature­n hat Peichl bis heute gezeichnet, viele davon in der Presse, für die er von 1954 bis zum partiellen Ruhestand 2014 tätig war.

„Leute, die ich mögen hab’, zeichne ich oft und meistens auch sehr gut. Wenn ich jemanden nicht mochte, hab’ ich ihn einfach gar nicht oder zumindest schlecht gezeichnet“, sagt Peichl. „Mögen“habe er jedenfalls den Bruno Kreisky, nur einen von elf Kanzlern, die er gezeichnet hat. Auch den jetzigen könne er gut leiden. „Zum Zeichnen ist er mir nur fast zu schön – trotz der interessan­ten Ohren.“Bis 27. 5. im Karikaturm­useum; ab 21. 3.: Retrospekt­ive im Wiener Mak

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Ob sich das je ausgehen wird? „Der Optimist“von 1948.
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Foto: Martina Hackel „Ich kam, sah und baute!“: Gustav „Ironimus“Peichl vor dem Kremser Karikaturm­useum, das im Jahr 2001 nach seinen Entwürfen errichtet wurde. Das Wiener Mak zeigt ab 21. März eine eigene Retrospekt­ive zum architekto­nischen Werk Peichls.

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