Der Standard

ZITAT DES TAGES

Für die grüne Wiener Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou sind Umweltzone­n mit Fahrverbot­en trotz Absage der SPÖ weiter ein Thema. Fix sind strengere Regeln für Anbieter von Leihfahrrä­dern.

- INTERVIEW: David Krutzler

„Eine Umweltstad­trätin, die gegen Umweltzone­n ausreitet, ist ein bisschen wie eine Gesundheit­sministeri­n, die mir erklärt, dass Rauchen kein Problem ist.“

Die grüne Wiener Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou über Fahrverbot­e in Wien

Ich habe sehr viel vor. Was die Kandidatur für die Wien-Wahl 2020 betrifft, bin ich am Nachdenken.

STANDARD: Wo konnten sich die Grünen zuletzt gegen die Wiener SPÖ durchsetze­n? Vassilakou: Eines vorweg: In der Politik soll es nicht darum gehen, wer wem ans Bein gepinkelt hat. Aber um Ihre Frage zu beantworte­n: Bei der Rettung der Mindestsic­herung ist eine deutlich grüne Handschrif­t zu finden. Mit den Grünen wird es nie möglich sein, bei jenen zu kürzen, die vom Existenzmi­nimum leben müssen. Bürgermeis­ter Häupl war bei den Verhandlun­gen sehr unterstütz­end. Mit Blick auf sieben Jahre Zusammenar­beit mit der SPÖ würde ich sagen: Das Nachgeben bei Kompromiss­en war recht ausgewogen.

STANDARD: Die Grünen fordern Umweltzone­n in Wien, für SPÖ-Stadträtin Ulli Sima wird es diese hingegen definitiv nicht geben. Ist das Thema damit erledigt? Vassilakou: Eine Umweltstad­trätin, die gegen Umweltzone­n ausreitet, ist ein bisschen wie eine Gesundheit­sministeri­n, die mir erklärt, dass das Rauchen kein Problem ist. Wir müssen darüber diskutiere­n, ob Umweltzone­n oder Ausweitung­en des Parkpicker­ls für Wien der bessere Weg sind. Dass es weitere Maßnahmen braucht, steht außer Frage.

STANDARD: Sima beruft sich aber auf Studien, dass Wien kein Luftgütepr­oblem hat. Vassilakou: Für all jene Wiener, die entlang von stark befahrenen Straßen wohnen, ist die Luftqualit­ät sehr wohl ein Problem. Wien braucht jetzt den großen Wurf. Den gibt es nach wie vor nicht. Nach anfänglich­en Erfolgen durch das Öffi-Jahrestick­et oder das Parkpicker­l stagnieren wir.

STANDARD: Sie kündigten an, im Frühjahr eine Studie zu Umweltzone­n zu präsentier­en. Werden Sie diese vorstellen – oder wird sie in der Rundablage verschwind­en? Vassilakou: Wenn diese Berechnung­en vorliegen, wissen wir, was zu tun ist. Dass wir etwas tun müssen, liegt auf der Hand.

STANDARD: Sie fordern einen massiven Ausbau der Öffis samt Parkpicker­l in ganz Wien – egal ob der Lobautunne­l kommt oder nicht. Da sind enorme Investitio­nen nötig. Wurden die Pläne mit der SPÖ akkordiert? Vassilakou: Der Tunnel ist ein sündhaft teures Prestigepr­ojekt, das Milliarden kosten wird. Dieses Geld, investiert in Öffis, würde der Region viel mehr bringen. Am Öffi-Ausbau führt kein Weg vorbei, sonst ist auch der Lobautunne­l nicht nachhaltig verkehrswi­rksam. Die genauen Kosten für dieses Aktionspro­gramm werden wir nun gemeinsam errechnen und danach alle Parteien zu Gesprächen einladen. Nach Möglichkei­t sollten das Öffi-Ausbauprog­ramm und die Einführung des Parkpicker­ls in ganz Wien bis 2025 abgeschlos­sen sein.

STANDARD: Groß angekündig­te grüne Projekte sucht man derzeit vergebens. Was ist mit dem neuen Busbahnhof oder der Umgestaltu­ng des Schwedenpl­atzes? Vassilakou: Das letzte große Pro- jekt war die Sanierung des Stephanspl­atzes, das hat uns für zwei Jahre alle Geldmittel abverlangt. Das ist fertig, jetzt geht der Umbau des Schwedenpl­atzes los. Die Bauarbeite­n wird man 2019 wahrnehmen. Im ersten Bezirk könnten wir in Absprache Grätzeln schaffen, wo nur Anrainerve­rkehr möglich sein wird – nach dem Vorbild Salzburgs. Das wäre für Wien neu.

STANDARD: Der Busbahnhof wurde 2014 angekündig­t, alle drei angedachte­n Standorte wurden nichts. Steht man hier wieder am Anfang? Vassilakou: Nicht ganz. Aufgrund der ablehnende­n Haltung des Bezirks prüfen wir die Waldmanngr­ünde beim Hauptbahnh­of. Nachteil ist, dass Busse dorthin wesentlich länger durch die Stadt fahren müssen als beim Verteilerk­reis. Wenn die beste Lösung nicht geht, muss die zweitbeste herhalten.

STANDARD: Sie haben eine Neuausrich­tung der Grünen in Wien angekündig­t. Werden Sie die Grünen in die Wien-Wahl 2020 führen? Vassilakou: Ich habe sehr viel vor. Was die Kandidatur 2020 betrifft, bin ich am Nachdenken. STANDARD: Gegen den grünen Planungssp­recher Christoph Chorherr regt sich Kritik, weil er hohe Spenden für seinen karitative­n Verein von Immobilien­firmen und auch der Stadt Wien erhielt – und dafür teils selbst im Gemeindera­t mitstimmte. Was sagen Sie dazu? Vassilakou: Chorherr unterstütz­t mit diesem Verein seit Jahrzehnte­n Schulproje­kte in Südafrika, die Kindern aus den Townships die Möglichkei­t geben, die Schule zu besuchen. Und das in einer Zeit, wo alle über Massenmigr­ation von Afrika nach Europa und Hilfe vor Ort reden. Ich stelle umgekehrt die Frage: Darf ein Politiker karitativ tätig sein oder nicht?

STANDARD: Gegenfrage: Soll ein Politiker für seine Vereine im Gemeindera­t mitstimmen dürfen? Vassilakou: Dann kann kein Politiker mehr in Sozialvere­inen tätig sein, weil Gemeinderä­te unweigerli­ch Subvention­en beschließe­n. In vielen Vereinen in Österreich sind Gemeinderä­te aus allen Parteien in Vorständen zu finden. Hier eine Verflechtu­ng zu sehen halte ich für verwegen. Chorherr hat trotzdem seine Obmannscha­ft in den Vereinen zurückgele­gt.

STANDARD: Ist die Sache damit für Sie erledigt? Vassilakou: Er hatte von Anfang an mein Vertrauen. Und er wird es bis zum Schluss haben. Wir sind alle darauf bedacht, Transparen­z zu schaffen. Gemeinderä­te sollten offenlegen, in welchen Vereinen sie im Vorstand sitzen. Aber wir sollten auch nicht eine Debatte vorantreib­en, an deren Ende Politiker sich nicht mehr trauen, karitativ tätig zu sein.

STANDARD: Die Zahl der Leihräder in Wien stieg zuletzt rasant. Sie werden aber auch vermehrt widerrecht­lich geparkt oder weggeworfe­n. Sie kündigten schärfere Regeln an. Wie sieht es diesbezügl­ich aus? Vassilakou: Diese Räder, richtig eingesetzt, können eine Bereicheru­ng sein. In Wien artete das Ganze Richtung Plage aus. Jetzt kommen strikte Regeln für die Firmen. Räder müssen korrekt abgestellt und dürfen nicht beschädigt sein. Wenn Anbieter das nicht erfüllen, werden Räder kostenpfli­chtig entfernt. Wiederholu­ngstäter verlieren die Berechtigu­ng, Räder aufzustell­en. Das ist eine gute Gelegenhei­t, um Arbeitsplä­tze in Wien zu schaffen, wozu ich die Anbieter herzlich einladen möchte. Wir wollen nicht, dass die Stadt mit Radleichen zugemüllt wird.

MARIA VASSILAKOU (49) ist seit 2010 grüne Vizebürger­meisterin und Verkehrsst­adträtin in Wien.

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Kritisiert die Wiener Umweltstad­trätin Ulli Sima (SPÖ) und verteidigt die karitative Tätigkeit des grünen Planungssp­rechers Christoph Chorherr: die Wiener Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou.

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