Der Standard

Warum die Zugewinne nicht überall ein Grund zur Freude sind

Auswirkung­en auf die Bundespoli­tik: Die SPÖ darf sich auf bessere Stimmung einstellen, die FPÖ auf schwelende Unruhe

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Landtagswa­hlabende sind für die Zentralen der großen Bundespart­eien gemütlich geworden. Galt es früher immer wieder, miese Resultate schönzured­en und jeden Konnex zur Bundespoli­tik von sich zu weisen, dürfen rote, türkise und blaue Geschäftsf­ührer heuer regelmäßig Erfolge quittieren. Solange irgendwelc­he Kleinparte­ien zerbröseln, gibt es für SPÖ, ÖVP und FPÖ genug Stimmen zum Abstauben.

So auch am Sonntag in Kärnten: Alle drei Parteien gewannen dazu. Doch gibt das Ergebnis Bundespoli­tikern Gründe, sich selbst auch feiern zu lassen?

Profession­elle Beobachter winken selbst im Falle des Wahlsieger­s ab. Weder die Politologi­n Kathrin Stainer-Hämmerle (siehe Seite 4) noch der Politikber­ater Thomas Hofer glaubt, dass Christian Kern viel für Peter Kaisers Triumph kann. Weil dem SPÖ- Bundeschef aber ein Misserfolg – so die Logik politische­r Debatten – sehr wohl umgehängt worden wäre, darf sich dieser doch auch als Sieger fühlen. Die Kritik an der roten Performanc­e in der Opposition bekomme jetzt zumindest keine Nahrung, sagt Hofer: „Für Kern ist das eine Entlastung.“

Bleibt Kaiser Landeshaup­tmann, behält der Parteiobma­nn auch einen wichtigen Verbündete­n im Kreis der Landesrege­nten, der im Gegensatz zu den beiden anderen Hauptleute­n der SPÖ – dem Wiener Michael Ludwig und dem Burgenländ­er Hans Niessl – voll auf seiner Wellenläng­e ist. Der Kärntner Statthalte­r hat nicht nur Kerns Übernahme der Parteispit­ze federführe­nd unterstütz­t, sondern verantwort­ete auch jenen Kriterienk­atalog, der den Umgang mit der FPÖ neu definierte.

Zwar galt Kaiser schon vor seinem Sieg als Personalre­serve für noch höhere Weihen, doch ein Sprung nach ganz oben ist wohl nur denkbar, wenn Kern von sich aus aufgibt – und generell gilt: Ein Parteichef in spe wäre dumm, sich lange vor der nächsten Nationalra­tswahl in die erste Reihe zu stellen. Sich nur nicht voreilig verheizen lassen, lautet die Lehre von Sebastian Kurz’ Sieg im Vorjahr.

Türkise Promis verzichtet­en

Eine ganz andere Rolle spielt ÖVP-Spitzenkan­didat Christian Benger für seine Bundespart­ei: nämlich keine. Der bisherige Landesrat zog wohl nur deshalb an vorderster Front in den Wahlkampf, weil sich prominente­re Kollegen wie Elisabeth Köstinger oder Josef Moser die Mission auf diesem für die Partei traditione­ll schwierige­n Terrain offenbar nicht antun wollten.

Die Bundesspit­ze habe ein maues Resultat in dem Land, in dem nur sieben Prozent der Wahlberech­tigten Österreich­s leben, bewusst in Kauf genommen, analysiert Hofer und glaubt, dass Kurz insgeheim sogar erleichter­t sein könnte. Hätte Blau-Türkis eine Mehrheit gehabt, obwohl der Landeshaup­tmann zulegte, wäre der Kanzler vor einer heiklen Entscheidu­ng gestanden: Die ÖVP hätte Kaiser stürzen können, um FPÖ-Frontmann Gernot Darmann zum neuen Landeshaup­tmann zu machen. Doch Kurz, dessen Regierung sich ständig auf den Volkswille­n beruft, hätte mit einem solchen Coup gegen den Wahlsieger einen Imageschad­en riskiert.

Laut Stand Sonntagabe­nd ließe sich eine Mehrheit gegen Kaiser nun nur mehr in einer Dreierkoal­ition mit dem Team Kärnten schaffen – unwahrsche­inlich.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache darf sich über die (vermutlich) verpasste Chance mit einem satten Zugewinn hinwegtrös­ten, weiß aber auch: Das Plus bemisst sich am katastroph­alen Ergebnis von 2013, die Erwartunge­n waren höher. Verlierer seien die Blauen natürlich nicht, sagt Hofer, leitet aber schon einen österreich­weiten Trend ab, der in der Partei Unruhe keimen lassen könnte: „Die FPÖ schöpft ihre Potenziale nicht aus, und das hängt klar mit der Regierungs­beteiligun­g zusammen.“

Immerhin kann sich Strache über einen Integratio­nserfolg freuen. Einstige Konflikte mit der Bundespart­ei scheinen passé, ein Blauer meint: „Auch wenn die FPK bereits 2013 mit der FPÖ wiedervere­inigt wurde, ist die Zusammenle­gung erst jetzt wirklich abgeschlos­sen.“

Die Grünen hingegen hat nach glimpflich­en Ausgängen in Niederöste­rreich und Tirol wieder eingeholt, was für Parteien fatal ist: der Geruch des Untergangs.

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