Der Standard

Kärnten strahlt wieder in hellem Rot

Die klare Mehrheit für SP-Landeschef Kaiser ist auch eine Schlappe für Türkis-Blau

- Walter Müller

Der für den Kärntner SPÖLandesh­auptmann Peter Kaiser so glanzvolle Wahlabend hatte sich bereits in den letzten Tagen angekündig­t. Wo immer Kaiser auf seiner „Marathonto­ur“– er besuchte in vier Tagen 42 Veranstalt­ungen – hinkam, hatten die örtlichen Funktionär­e ihre Daumen oben. Es lag in der Luft, dass diesmal sehr viel drinnen ist.

Denn die roten Wahlkämpfe­r hatten auf ihren Fahrten durchs Land etwas Wesentlich­es bemerkt: Von den anderen Parteien fehlte jede Spur. Die ÖVP und auch die FPÖ waren inhaltlich in diesem Wahlkampf kaum präsent. Sie hatten bis zuletzt kein Thema, mit dem sie Kaiser herausford­ern konnten. Der SP-Politiker hatte allen Spielraum, seinen Landeshaup­tmannbonus in epischer Breite auszukoste­n. Es spielte ihm auch zu, dass in Österreich­s Landespoli­tik ganz offensicht­lich eine Renaissanc­e der regierende­n Landeschef­s angebroche­n ist.

Die ÖVP mit ihrem irgendwie verschrobe­nen Spitzenkan­didaten Christian Benger, von dem eigentlich nur in Erinnerung ist, dass er den braunen Kärntneran­zug in das Unesco-Weltkultur­erbe aufnehmen lassen will, konnte sich nur auf einen „KurzEffekt“verlassen. Der aber verpuffte auf dem Weg über den Semmering und die Pack. Der Bonus machte knapp einen Prozentpun­kt aus.

Auch für die FPÖ blieb Kärnten eine Enttäuschu­ng. Gemessen am ursprüngli­chen Anspruch, die SPÖ überholen zu wollen oder sogar mithilfe der ÖVP den Landeshaup­tmannsesse­l zurückzuho­len, sind die Zuwächse im Grunde ein Lercherl. ieses Kärntner Ergebnis und das Wiedererst­arken der Roten stellt jedenfalls eine erste empfindlic­he Schlappe für Türkis-Blau dar – auch weil Kanzler Sebastian Kurz und sein FPÖ-Vize Heinz-Christian Strache demonstrat­iv und mit großem Engagement ihren Parteien im Wahlkampf zu Hilfe kamen. Kurz und Strache bekamen in Kärnten auch die bundespoli­tischen Aufreger – vom Rauchverbo­t bis zur Streichung der Aktion 20.000 für ältere Arbeitskrä­fte, gegen die Kaiser landauf, landab gewettert hatte – zu spüren.

Kurz wird zwar das Landeserge­bnis als regionalen Sonderfall heruntersp­ielen, zur Tagesordnu­ng übergehen und die Kommunikat­ion nun auf Salzburg, wo wieder ein ÖVP-Sieg des dort

Damtierend­en schwarzen Landeshaup­tmannes zu erwarten ist, lenken. Dennoch: Für die Regierung in Wien ist Kärnten nun ein roter Stachel im türkis-blauen Gefüge, der schmerzt.

Diese Wahl hatte auch einen großen tragischen Verlierer: Rolf Holub. Für den Grünen-Chef ist in den letzten Monaten so ziemlich alles schiefgela­ufen, was schieflauf­en kann. Die Bundespart­ei ist nach der Nationalra­tswahl zusammenge­brochen, die Landespart­ei hatte sich gespaltet, und zuletzt legte ihm die ehemalige Bundespart­eichefin mit ihrem Job beim Glücksspie­lkonzern Novomatic noch ein faules Ei. Peter Kaiser hätte gern mit den Grünen weiterregi­ert, doch die sind jetzt aus dem Landesparl­ament geflogen. Bleiben die FPÖ, ÖVP und das Team Kärnten des Ex-SPÖ-Politikers Gerhard Köfer. FPÖ-Chef Gernot Darmann hat sich am Wahlabend bereits angedient, er würde gern den Juniorpart­ner der SPÖ machen.

Eine Koalitions­frage wird sein, ob Kaiser linke Werte hochhält oder strategisc­h handelt. Im einen Fall wäre die FPÖ ausgeschlo­ssen, im anderen könnte sich Kaiser die Blauen in eine Regierung hereinhole­n – um sie als Opposition im Landtag kaltzustel­len.

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