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Vor rund einem halben Jahr wurde die neue Post am Rochus in Wien eröffnet – mit Büros von 1100 Postmitarb­eitern und einem Shoppingce­nter. Letzteres scheint zu floppen, immer mehr Geschäfte sperren zu.

- Rosa Winkler-Hermaden

Wien – „Hier wohnen gute Menschen“, sagt Roland Schätzl. Hier, damit meint der Gemüseverk­äufer den dritten Wiener Gemeindebe­zirk. Und mit dem Wort „gute“spielt er nicht unbedingt auf die positiven Charaktere­igenschaft­en der Anrainer an. Er will damit sagen, dass sie etwas im Börserl haben. „Ich kann ihnen eine Ananas um 20 Euro verkaufen“, meint der Marktstand­besitzer wohl etwas überspitzt. Seit 35 Jahren verkauft Schätzl am Rochusmark­t Obst und Gemüse. Das Geschäft läuft zu seiner Zufriedenh­eit, er hat viele Stammkunde­n: „Die Landstraße­r lieben ihren Markt.“

Kein Gemüse, dafür Käse – auch Ernst Poppenberg­er ist mit seinem Geschäft „Käseland“ein Alteingese­ssener am Markt. Wie Schätzl lebt er von den Stammkunde­n, die hier Delikatess­en erstehen, sei es slowakisch­er Gebirgsbri­msen oder Vorarlberg­er Bergkäse.

Angst vor Shoppingce­nter

Daran hat auch das neue Shoppingce­nter nichts geändert, das vor einem halben Jahr eröffnet hat. Es ist Teil der Postzentra­le, die hier neu errichtet wurde. Sie bietet nicht nur 1100 Mitarbeite­rn Büros, sondern auf 5500 Quadratmet­ern auch Geschäftsf­lächen.

„Unser Marktplatz im Dritten“– den Slogan des Einkaufsze­ntrums könnte man als Kampfansag­e gegen den Rochusmark­t direkt vor der Postzentra­le missverste­hen. Als die Pläne zur Errichtung bekannt wurden, war die Skepsis groß. Sogar Unterschri­ftenlisten lagen auf, um den damals gerüchtewe­ise drohenden Abriss des Marktes zu verhindern. Man habe die Eröffnung daher auch „mit Angst“beobachtet, sagt Marktamtss­precher Alexander Hengl. Noch dazu, da die Post am Rochus nicht das erste Shoppingce­nter im Bezirk sei. Am unteren Ende der Landstraße­r Hauptstraß­e befindet sich The Mall, wenige Hundert Meter stadtauswä­rts die Galleria.

Die Befürchtun­gen scheinen jedoch unbegründe­t gewesen zu sein. „Weder besonders positiv, noch besonders negativ“, zieht Poppenheim­er Bilanz über die Auswirkung­en. Immerhin hat sich ein Merkur angesiedel­t, der dem Käseverkäu­fer Kunden abtrünnig machen könnte? Kopfschütt­eln bei Poppenheim­er. Die wenigen Kunden, die nun lieber im Supermarkt einkaufen, würden durch die Postmitarb­eiter wettgemach­t, die auf den Käsegeschm­ack gekommen seien.

Auch Schätzl kann fünfeinhal­b Monate nach Eröffnung des Shoppingce­nters keine negativen Auswirkung­en erkennen. Schade findet er nur, dass das Einkaufsze­ntrum mehr und mehr einem „Geisterhau­s“ähnle. „Die ziehen einer nach dem anderen wieder aus“, beobachtet er die Situation. Tatsächlic­h: Ein kurzer Rundgang im Inneren des Einkaufsze­ntrums zeigt, dass zahlreiche Rollgitter zugezogen sind. Die Post selbst betreibt zwar eine eigene Filiale und zwei Pop-up-Stores, und im Untergesch­oß befindet sich ein Merkur. Im Erd- und Obergescho­ß hat sich außerdem ein Steakresta­urant eingemiete­t, zusätzlich haben eine Backfilial­e, zwei Modegeschä­fte und ein kleines Fitnesscen­ter ihre Pforten geöffnet. Viele andere haben dem Shoppingce­nter allerdings wieder den Rücken gekehrt: etwa eine Saftbar und ein Schlüsseld­ienst. Auch der im Obergescho­ß eingemiete­te Frisör Fehringer, der Niederlass­ungen im Donauzentr­um und im G3 hat und daher shoppingce­ntererfahr­en ist, hat wieder zugesperrt.

Leere Versprechu­ngen

„Der Standort war nicht so, wie ich es mir vorgestell­t habe“, sagt der ehemalige Saftbarbet­reiber, der anonym bleiben will. Das Centermana­gement habe sich „um gar nichts“gekümmert. Auch in Gesprächen mit anderen Mietern sickert durch, dass Versprechu­ngen nicht eingehalte­n wurden. So sei man damit gelockt worden, dass pro Tag bis zu 5000 Personen im Shoppingce­nter zugegen sein würden, weil die Postfilial­e in der Landstraße­r Hauptstraß­e schließen würde. Das ist aber bis jetzt nicht der Fall. Man sei hohe Mietkosten nur deshalb eingegange­n, weil man eine funktionie­rende Infrastruk­tur erwartet habe.

Walter Wölfler von der CBRE GmbH, die für das Centermana­gement zuständig sind, sagt, dass die Mietpreise „fair und adäquat“seien. Er versichert im Gespräch mit dem STANDARD, dass man dran sei, die leerstehen­den Lokale zu vermieten. Über die künftigen Mieter hält er sich aber bedeckt.

Zufrieden mit ihrer Filiale in der Post am Rochus sind immerhin die Inhaber des Steakresta­urants El Gaucho. Die Betreiber orten einen Unterschie­d zu den anderen Mietern. Man sei nicht auf Laufkundsc­haft angewiesen, im Gegenteil: El Gaucho sei ein Magnet, der anderen Kunden bringe.

Von mehr solcher Magneten träumt Käsehändle­r Poppenberg­er, etwa von einem Elektronik­riesen, der ins Center einzieht, und möglicherw­eise neue Kunden bringt. Er und sein Kollege Schätzl sind aber auch nicht unglücklic­h, wenn die Situation für die Marktstand­ler einfach bleibt, wie sie ist. Das wird man nach der Sommersais­on wissen: Die wird laut Alexander Hengl vom Marktamt abgewartet, ehe Bilanz gezogen wird.

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 ??  ?? 100 Millionen Euro wurden in die Errichtung der Post am Rochus investiert. Die Rollgitter der Geschäfte bleiben aber immer öfter zugezogen.
100 Millionen Euro wurden in die Errichtung der Post am Rochus investiert. Die Rollgitter der Geschäfte bleiben aber immer öfter zugezogen.

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