„Zuwanderer machen Wien schmutzig und arm“
Wahlkämpfender Fidesz-Minister warnt mit Video aus Favoriten vor Migranten
Für Aufregung sorgt ein FacebookVideo des ungarischen Kanzleramtsministers János Lázár, in dem er sich selbst in Wien zeigt. Zu melancholischer Musik stapfen Frauen mit Kopftuch und Kinderwagen und dunkelhäutige Männer durch die graue Fußgängerzone in Favoriten. Mit Grabesstimme verkündet Lázár: „Diese Einwanderergemeinschaften haben das Stadtbild völlig verändert. Hier sind die Straßen sichtlich schmutziger, die Umgebung ist viel ärmer, und die Kriminalität ist viel höher. Die weißen, christlichen Österreicher sind von hier weggezogen, und die Einwanderer haben die Kontrolle über den Stadtteil übernommen.“
Lázár postete das Video Dienstagabend auf Facebook. Regierungskritische Portale bedachten es mit Spott. „Man sieht ... Straßenzüge von einer Sauberkeit und Ordentlichkeit, vor der jede beliebige ungarische Stadt vor Neid erblassen würde“, schrieb etwa die Seite 444.hu. Die Wiener Stadträtin Renate Brauner (SPÖ) gab sich via Twitter „verwundert und entsetzt“über das Video.
Unbewiesen blieb Lázárs Behauptung, er habe zwei „Migranten“gefragt, wie sie sich in Wien fühlen. Seine auf Deutsch gestell- te Frage sei von ihnen nicht verstanden worden. Im Video ist die Szene nicht zu sehen. Mittwochvormittag verschwand das Video von Lázárs Profil. Wie der Minister schrieb, sei es von Facebook selbst gelöscht worden. Möglich, dass das Video wegen rassistischen Inhalts gemeldet wurde.
Gerichtet war das Video an Wähler in Ungarn. Am 8. April wird ein neues Parlament gewählt. Lázárs Botschaft: Wenn die Opposition an die Macht kommt, werden die ungarischen Städte auch so aussehen wie das zur Drohkulisse zugerichtete Wien mit seinen Zuwanderern. Lázárs Chef, der rechtspopulistische Premier Viktor Orbán, dürfte mit der Wiederwahl kein Problem haben, auch wenn die Opposition Morgenluft wittert, seitdem kürzlich ausgerechnet in Lázárs Stammland, der Kleinstadt Hódmezővásárhely, bei Bürgermeisterwahlen der Oppositionskandidat haushoch siegte.
Eine xenophobe Stimmung gegen Zuwanderer zu schüren, die es im Land eigentlich gar nicht gibt, scheint Orbán immer noch die sicherste Bank zu sein, um sich die Macht für eine weitere Legislaturperiode zu sichern.