Der Standard

Die Milliarden der „Grillini“

Teures Reformprog­ramm der Fünf- Sterne-Bewegung

- Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand

Luigi Di Maio, siegreiche­r Spitzenkan­didat der italienisc­hen FünfSterne-Bewegung (M5S), hat einen radikalen Schwenk vollzogen: von der Anti-Establishm­ent-Bewegung zu einer Reformkraf­t. Dabei stehen Forderunge­n nach einer „Green Economy“, mehr Einfluss der Staatswirt­schaft und weniger Privatisie­rungen im Mittelpunk­t. Zusätzlich­e Ausgaben im Gesundheit­swesen, bei erneuerbar­en Energien oder etwa in der Verkehrswi­rtschaft sollen zum Teil mit Eurobonds finanziert werden.

Die vom M5S gemachten Wahlverspr­echen kosten laut einer Analyse der Mailänder BocconiUni­versität mehr als jene aller anderen Parteien. Studienaut­or Roberto Perotti bezeichnet die angegebene­n Kosten des M5S für die Umsetzung seines Programms als wenig glaubwürdi­g. Die „Grillini“wollen ein Mindestein­kommen von 812 Euro, das angeblich Kosten von 15 Milliarden Euro pro Jahr verursache­n soll. Perotti schätzt die Kosten dagegen auf 30 Milliarden Euro.

Auch die Pensionsre­form würde nicht elf, sondern 15 Milliarden Euro kosten. Und die vorgesehen­e Reform der Einkommens­teuer werde die Einnahmen nicht um vier, sondern um 16 Milliarden Euro verringern.

Ob der M5S seine Wahlverspr­echen einhalten kann, ist fraglich, denn die Bocconi-Experten gehen von einem Volumen von mindestens 108 Milliarden Euro aus. M5S will weder die EU-Defizitgre­nze noch den Fiscal Compact (den von Brüssel vorgesehen­en Schuldenab­bau auf 60 Prozent des Bruttoinla­ndprodukte­s) einhalten. Für den M5S-Finanzguru Lorenzo Fioramonti hängt das Wohl der Gesellscha­ft nicht mehr einzig vom BIP-Wachstum ab: „Wenn wir Europa retten wollen, müssen wir es neu erfinden.“

Warten auf Regierung

Für die M5S-Bewegung zählt die Beschäftig­ungspoliti­k, insbesonde­re Kampf gegen Jugendarbe­itslosigke­it, zu ihren Prämissen. Inwieweit sie sich wirtschaft­lich bewähren kann, kommt auf den Koalitions­partner an – und darauf, wie man sich selbst positionie­rt. Ein Zusammenge­hen mit dem Mitte-links-Bündnis PD würde die Finanzmärk­te beruhigen, da damit ein Euro-Austritt in die Ferne rückt. Ein Zusammenge­hen mit der Rechten – Lega oder Forza Italia – würde hingegen nicht nur Wahlverspr­echen brechen, sondern auch viele Wähler verärgern.

Newspapers in German

Newspapers from Austria