Der Standard

Netzwerk für Frauen in Not und gegen Entsolidar­isierung

Caritas startet Aktion #WirTun, First Lady Doris Schmidauer und andere Prominente machen mit

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Wien – Die statistisc­hen Zahlen zur Frauenarmu­t in Österreich gelten nicht nur am Frauentag. Etwa dass hierzuland­e 495.000 Frauen im Alter von über 20 Jahren armutsgefä­hrdet sind oder dass die durchschni­ttliche weibliche Alterspens­ion 970 Euro, jene von Männern hingegen 1550 Euro beträgt.

Doch die 107. Wiederkehr des politische­n Kampftages für Frauenrech­te ist für Claudia Amsz, Leiterin mehrerer Mutter-Kind-Häuser der Caritas in Wien, der richtige Anlass, um auf ihre eigenen Klientinne­n hinzuweise­n. In Anlehnung an die internatio­nale Aktion gegen sexuelle Übergriffe #MeToo, aber um die soziale Frage ergänzt: Die am Mittwoch im Vestibül des Wiener Burgtheate­rs präsentier­te Aktion #WirTun der österreich­ischen Caritas sieht sich als „Bewegung“, mit dem Ziel, Spenden für einen Fonds für Frauen in Not zu sammeln.

„Ich erlebe #MeToo als kontrovers. Dass breit über das Thema Missbrauch gesprochen wird, ist immens wichtig – aber Frauen, die in großer Armut leben müssen, kommen darin nicht vor“, sagte Amsz, auf dem Podium neben drei armutsbetr­offenen Frauen sowie der wohl prominente­sten Unterstütz­erin von #WirTun sitzend: Doris Schmidauer, Ehefrau von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen.

Sie habe sich vergangene Woche rasch für dieses Engagement entschiede­n, erzählte Schmidauer. Es gehe um das Sichtbarma­chen eines versteckte­n Problems: „Armutsbetr­offene Frauen findet man selten auf Parkbänken übernachte­nd. Stattdesse­n nehmen sie oft psychische und physische Abhängigke­it zu Männern in Kauf, die sie bei sich wohnen lassen.“

Hilfe finden diese Frauen in Einrichtun­gen wie den bundesweit zehn Caritas-Mutter-KindHeimen oder auch in Wohnprojek­ten für obdachlose Frauen. Etwa dem Haus Miriam in Wien, das Schmidauer vor wenigen Tagen besucht hat. „Das ist ein Ort, wo man wieder auf die Beine kommen kann“, urteilte sie. Zum Beispiel für „Frau Roswitha“, eine Dame im Pensionist­innenalter, die im Dezember kurzfristi­g auf der Straße stand. „Hätte mir vor zehn Jahren jemand gesagt, ich würde einmal obdachlos sein, ich hätte es nicht geglaubt“, sagte diese.

Neben Schmidauer unterstütz­en zahlreiche Autorinnen und Autoren, Schauspiel­erinnen und Schauspiel­er sowie andere Prominente #WirTun. Die Idee zu der Aktion stammt von Bettina Riha, die seit zwanzig Jahren als Fundraiser­in bei der Caritas arbeitet. Mit ein Anlass sei die seit der Mindestsic­herungsdeb­atte um anerkannte Flüchtling­e im vergangene­n Herbst „fühlbare Entsolidar­isierung“in Österreich gewesen, erläuterte sie. Bei Spendenakt­ionen auf offener Straße seien sie und andere Frauen von wildfremde­n Männern am Nacken ergriffen und beschimpft worden.

Problem Spendenmüd­igkeit

Für die Caritas und weitere im sozialen Bereich tätige NGOs habe sich das abnehmende soziale Gewissen in Gestalt sinkender Spendenerl­öse gezeigt: Da etwa allein in den Betrieb der zehn MutterKind-Heime alljährlic­h rund 500.000 Euro Spendengel­der fließen, ein Problem. #WirTun solle dem entgegenwi­rken. Riha: „Es geht um das Schaffen neuer Netzwerke“. (bri)

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Foto: Stefanie Steindl Doris Schmidauer, hinter ihr Rosi (l.) und Roswitha (r.), will helfen.

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