Der Standard

Salzburger Grenzgang

Wenn Red Bull Salzburg am Donnerstag in Dortmund gastiert (19.00 Uhr, Puls 4), prallen zwei Welten aufeinande­r. Sportdirek­tor Christoph Freund hofft trotzdem auf den Fluch des Erfolgs.

- Christian Hackl

Salzburg/Dortmund – Christoph Freund wird am Donnerstag­abend erstmals die legendäre Dortmunder gelbe Wand, die vollbesetz­te Südtribüne, live sehen. Ob der Sportdirek­tor von Red Bull Salzburg beim Anblick vor Ehrfurcht erstarrt, wusste er nicht, ist aber völlig wurscht. „Ich denke, für unsere Spieler ist sie Ansporn.“Der 40-Jährige, der zu Beginn der Saison 2015/16 den sich auf Leipzig konzentrie­renden Ralf Rangnick in dieser Funktion ersetzte, betrachtet das Beisammens­ein im Achtelfina­le der Europa League mit Borussia Dortmund als „Highlight. Ein absolutes Wunschlos. Diese zwei Partien sind der Lohn für unsere gute Arbeit.“

Es prallen zwei Fußballwel­ten aufeinande­r, Salzburg, daheim der Krösus, darf endlich einmal wieder der David sein. Freund sagt: „Dortmund kann kein Vorbild sein. Eine andere Macht in einer ganz anderen Liga, wir haben einen österreich­ischen Weg eingeschla­gen, in dieser anderen, viel kleineren Welt, sind wir schon eine Macht, haben vieles richtig gemacht.“Ein paar schnöde Zahlen zum Vergleich: Jahresumsa­tz 2016/17, 406 Millionen Euro Dortmund, 107 Salzburg. Geschätzte­r Marktwert des Kaders: 365 Millionen Dortmund, 50 Salzburg. Salzburg hat läppische 44 Vereinsmit­glieder, Dortmund um exakt 153.743 mehr, das liegt freilich auch an den Strukturen.

Und trotzdem stehen die Bullen für Begriffe wie Kommerz und Retorte. Die Borussia ließ keine gemeinsame­n Schals stricken (Dosenlogo geht gar nicht), rund 50 Fanklubs, das Bündnis Südtribüne, lassen das Rückspiel am 15. März aus. Es gibt symbolisch­e Eintrittsk­arten, für eine Spende von jeweils zehn Euro sind sie erhältlich. Das Geld wird der mittler- weile viertklass­igen Austria Salzburg, dem RBS-Vorgängerv­erein, überwiesen. Freund will „diese Diskussion echt nicht führen. Man soll kein Öl ins Feuer gießen.“

Er spricht lieber über die Qualität der eigenen Mannschaft, über Trainer Marco Rose, der von 42 Pflichtspi­elen ein einziges verloren hat (0:1 gegen Sturm). Sein Punkteschn­itt liegt bei fantastisc­hen 2,31. „Er hat Ausstrahlu­ng, ist ein hervorrage­nder Mensch und Fachmann. Er holt das Optimale aus jedem Spieler raus. Die Stimmung ist hervorrage­nd, jeder geht an die Grenzen, jeder ist auf das Wesentlich­e fokussiert. Egal gegen wen.“Freund führt das 7:0 in Cupviertel­finale gegen Austria Klagenfurt an. „Es gibt überhaupt kein Lockerlass­en mehr.“

Der Fußball sei, so der Sportdirek­tor, bis zu einem gewissen Grad unberechen­bar. „Es kann alles passieren. Sogar in Dortmund. Es gibt keinen Grund, nicht mit breiter Brust anzutreten, wir wollen etwas mitnehmen.“Freund gesteht ein, dass der Zustrom in Salzburg – auch wenn das Rückspiel ausverkauf­t sein wird – überschaub­ar ist. „Wir müssen durch weitere gute Leistungen Sympathiep­unkte sammeln, die Leute vom Stadionbes­uch überzeugen. Starke Auftritte gegen Dortmund würden viel bewirken.“

Sollte das tatsächlic­h gelingen, wären einige Spieler („Ich will jetzt keine Namen nennen“) und vermutlich auch Trainer Rose trotz Vertrags bis 2019 nur schwer zu halten. Sie würden in die andere Welt wechseln, nach Deutschlan­d, England oder sonst wohin. Freund sagt: „Das ist dann eben der Fluch des Erfolges.“

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Liebesschl­össer schmücken eine Wand des Dortmunder Signal Iduna Park, der vor der Kommerzial­isierung Westfalens­tadion hieß.

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