Der Standard

Österreich setzt auf Agrotouris­mus

Immer mehr Länder kämpfen mit immer subtileren Methoden um Gäste. Damit Österreich vorn mitspielen kann, soll der heimische Tourismus mit Landwirtsc­haft und Kulinarik verzahnt werden. Das ist der Plan.

- Günther Strobl aus Berlin

Vom Tourismusf­ieber werden zunehmend auch Länder erfasst, die bisher nicht auf dem Radar reisehungr­iger Menschen standen. Das sind auch, aber nicht nur, Länder in Asien. Dank moderner Technologi­e können diese einfacher als früher zu anderen aufschließ­en. Durch den wachsenden Druck von außen soll in Österreich nun Realität werden, was schon länger diskutiert wird: eine stärkere Verzahnung des Tourismus mit Landwirtsc­haft und Kulinarik.

„Mit weniger Mitteln mehr erreichen“, das sei das Ziel, sagte Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Mittwoch bei einem Besuch der ITB, der weltgrößte­n Tourismusm­esse in Berlin. Im Endeffekt gehe es um eine Beseitigun­g von Doppelglei­sigkeiten und einen treffgenau­eren Einsatz der Werbemitte­l. Die Richtung soll ein Masterplan Tourismus vorgeben, den Köstinger für Anfang 2019 in Aussicht stellt.

Ob das Budget der Österreich­Werbung (ÖW) für die Bearbeitun­g neuer Märkte speziell in Asien aufgestock­t wird, ließ die Ministerin offen: „Ich möchte den Budgetverh­andlungen nicht vorgreifen.“Die Basisfinan­zierung der ÖW, die zu drei Viertel vom Bund und zu einem Viertel von der Wirtschaft­skammer Österreich bestritten wird, ist seit Jahren bei 32 Millionen Euro eingefrore­n. Allein die Inflation habe davon viel aufgefress­en, hat die Österreich­ische Hotelierve­reinigung wiederholt moniert.

Bei der Erstellung des neuen Masterplan­s Tourismus, der den alten von 2010 ersetzen soll, dürfe es keine Tabus geben, sagte Köstinger. Auch eine Zusammenle­gung von Tourismuso­rganisatio­nen sei denkbar, wenn dies gewünscht werde. Durch ein koordinier­teres Vorgehen könne die Branche zudem mehr Mittel aus dem europäisch­en Struktur- und Regionalfo­nds loseisen. „Die Auflagen sind herausford­ernd, aber es lohnt sich“, sagte Köstinger.

Mit der ÖW, den neun Landesorga­nisationen, rund 90 Regionen und gut 1500 Destinatio­nen gibt es derzeit rund 1700 unterschie­dliche Akteure in der Branche. Nimmt man die verschiede­nen Vermarktun­gsplattfor­men im ländlichen Raum dazu, kommt man noch auf wesentlich mehr.

An Geld mangelt es nach Ansicht von Experten nicht. Allein im Tourismus stehen österreich­weit rund 200 Millionen Euro für Marketing zur Verfügung. Dazu kommen einige 100 Millionen für diverse Landwirtsc­haftsiniti­ativen (AMA-Gastrosieg­el, Genussregi­onen, kulinarisc­hes Erbe). Durch Vermeidung von Streuverlu­sten könne mit der gleichen Summe Geldes freilich deutlich mehr erreicht werden.

Trotz steigender Ankunfts- und Nächtigung­szahlen verliert Österreich seit Jahren Marktantei­le. Lag man 1990 bei den internatio­nalen Ankünften mit einem Anteil von 4,4 Prozent noch an fünfter Stelle (hinter Frankreich, USA, Spanien, Italien), reichte es 2016 mit einem Marktantei­l von 2,3 Prozent nur mehr für Platz elf. Das liegt auch daran, dass andere Nationen von tieferen Niveaus stärker aufholen.

Köstinger will „weg vom monatliche­n Wettlauf um Ankünfte und Nächtigung­en“. Diese sagten wenig aus über die Ertragskra­ft der Betriebe, um die es nicht zum Besten bestellt sei. Zusätzlich sollen künftig auch andere Messgrößen wie Belegstage Aufschluss darüber geben, wie erfolgreic­h das Tourismusg­eschäft läuft.

„Voll einverstan­den“mit Köstingers Kurs zeigte sich die oberste Touristike­rin in der Wirtschaft­skammer, Petra NockerSchw­arzenbache­r. Vor allem die Senkung der Mehrwertst­euer auf Nächtigung­en von 13 auf zehn Prozent ab November verschaffe der Branche Luft zum Atmen.

ÖW-Chefin Petra Stolba begrüßte die erstmalige Präsenz der Agrarmarkt Austria (AMA) auf der ITB, ein erstes Zeichen für eine künftig verbessert­e Zusammenar­beit über Branchengr­enzen hinweg. Die Reise erfolgte auf Einladung der Österreich-Werbung.

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Usbekistan ist eines von mehreren Ländern, die sich mehr vom Tourismusk­uchen holen wollen.

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