2017 mehr Fälle für den Presserat
Weniger Verstöße als im Vorjahr – die meisten lieferten „Krone“und „Österreich“
Wien – Im vergangenen Jahr sind beim Presserat mehr Beschwerden eingelangt, die Anzahl der Verstöße gegen den Ehrenkodex aber ist gesunken. Mittwoch legte das Selbstkontrollorgan der österreichischen Presse seinen Tätigkeitsbericht für 2017 vor.
Nach 307 Fällen im Jahr 2016 ging der Presserat 320 Fällen nach – in 27 davon ortete er einen Verstoß gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse. 2016 waren es noch 34 Verstöße.
Zehnmal verstieß die Kronen Zeitung nach Ansicht des Presserats gegen den Kodex. Österreich rügte er in sechs Fällen, die Gratiszeitung Heute dreimal, andere Zeitungen oder ihre Onlineplattformen bis zu zweimal (Grafik). Krone und Heute anerkennen den Presserat bisher nicht.
Die sinkenden Verstöße bei steigender Fallzahl zeige, dass „die Senate sehr sorgsam mit ihren Instrumenten umgehen“, sagte Alexander Warzilek, Geschäftsführer des Presserats, am Mittwoch. Insgesamt gab es mehr Persönlichkeitsverletzungen, dafür weniger Verstöße wegen Diskriminierung. Warzilek führt das darauf zurück, dass sich die Flüchtlingssituation beruhigt habe.
Laut Presserat müssen Politiker mehr Kritik aushalten als Privatpersonen. Den ehemaligen Bundeskanzler Christian Kern als „Prinzessin“und seinen Nachfolger Sebastian Kurz als „Neofaschisten“zu bezeichnen ist für den Presserat deshalb okay.
Abweichende Ethikstandards
Der Presserat appellierte an Journalisten, ausländische Berichte nicht unhinterfragt zu übernehmen. Österreich berichtete im Vorjahr detailliert über den Missbrauch einer Dreijährigen und rechtfertige den Artikel mit ebenso detaillierten Berichten in australischen Medien. Das Ethikverständnis österreichischer Medien sei mit britischen oder australischen Medien nicht zu vergleichen, entschied der Presserat.
In erster Linie würden sich Leser an den Presserat wenden – in nur 17 Fällen kam die Beschwerde von direkt Betroffenen. Grundsätzlich können die Senate des Presserats auch selbstständig Verfahren einleiten. „Es ist uns aber lieber, wenn die Beschwerden von außen kommen“, sagt Warzilek. „Wir haben aber auch einige Stammkunden“, gab Senatsvorsitzender Peter Jann zu. (pp)