Energetiker für KH Nord
Ein „Bewusstseinsforscher“kümmerte sich für 95.000 Euro um die Energie des Spitals
Das Spital-Nord-Grundstück wurde um 95.000 Euro von einem „Bewusstseinsforscher“bereinigt. Die Projektchefin muss gehen.
Wien – Die Akte Krankenhaus Wien-Nord ist mit einem KroneBericht um eine skurrile Geschichte erweitert worden: Demnach wurden 95.000 Euro für einen Coach ausgegeben, der unter anderem die „Einbettung des Gebäudes in den natürlichen Umgebungsplan von Mutter Erde“plante und die „Verlegung eines Schutzrings, der verhindert, dass negative Energien des Umfelds Einfluss auf das Haus und die Menschen nehmen“, in seinem Leistungsprotokoll beschreibt. Der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) hat nach Bekanntwerden des Auftrags die Projektleiterin des KH Nord abgezogen und mit sofortiger Wirkung von ihrer Leitungsfunktion entbunden.
Aufgrund einer langen Liste von Baumängeln, mehrfachen Verzögerungen der Eröffnung – aktueller Stand ist Juni 2019 – und des massiven Anstiegs der für den Bau geplanten Kosten stand der für das KH Nord zuständige Krankenanstaltenverbund (KAV) mehrfach in der Kritik – unter anderem vom Rechnungshof.
Die für das Spital zuständige Gesundheits- und Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) veranlasste in der Folge einige Änderungen, unter anderem wurde die Führung des KAV umgebaut. Am Donnerstag auf den EnergetikAuftrag angesprochen forderte Frauenberger rasche Konsequenzen, KAV-Chef Harald Wetzlinger kam dem zu Mittag mit dem Abziehen der Projektleiterin nach.
Im Gespräch mit dem STANDARD bestätigt Wetzlinger, bis am Montag nichts von dem Auftrag gewusst zu haben. „Ich hätte diesen nicht freigegeben, weil ich ihn weder als zweckmäßig noch als wirtschaftlich erachte.“Die Rechtsabteilung sei damit beschäftigt die Leistungsdokumentation entsprechend zu hinterfragen.
Von den Oppositionsparteien gab es viel Kritik: „Die rot-grüne Stadtregierung geht mit dem Geld der Wienerinnen und Wiener mit einer Gleichgültigkeit um, dass sie sich genieren sollte. Wo bleibt der Respekt vor Steuergeld?“, fragt Neos-Gesundheitssprecher Stefan Gara. ÖVP-Klubobmann Manfred Juraczka meint: „Es ist zu prüfen, ob Esoterik auf Steuerzahlerkos- ten nicht im höchsten Maße strafrechtlich relevant ist. Unsagbar peinlich für ein Spital, das Ort der Wissenschaft und Spitzenforschung sein sollte, ist es allemal.“
Dass der Auftrag mit 95.000 Euro beziffert ist, dürfte kein Zufall sein: Ab 100.000 Euro müssen Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden, alles darunter wird als Direktvergabe behandelt. Laut Wetzlinger handle man jedenfalls immer nach dem Bundesvergabegesetz.