Der Standard

Stankovics indisches Abenteuer

Ex- Sturm- Spieler Marko Stankovic lebt beim indischen Klub Pune FC ein fußballeri­sches Abenteuer

- Andreas Gstaltmeyr

Wien/Pune – Von einem Österreich­er als Fußballexo­ten zu sprechen ist mitunter heikel. Indien liegt dann aber doch weit genug außerhalb Europas, um den durchschni­ttlichen Fan zu dieser Phrase greifen zu lassen. So dachte auch Marko Stankovic, als er Mitte Jänner bis 2019 beim Pune City FC unterschri­eb. „Sportlich ist die Indian Super League alles andere als exotisch, die Lebenseins­tellung und Kultur natürlich schon“, sagt der Ex-Rieder.

Am Sonntag endete für den 32Jährigen die Meistersch­aft im Halbfinale gegen Grunddurch­gangssiege­r Bengaluru FC. „Uns hat die Erfahrung gefehlt.“Sportlich fehle ihm ansonsten nichts, auch abseits des Feldes sei alles perfekt organisier­t: „Ich hatte anfangs WLAN-Probleme. Der Teammanage­r hat sich tausendmal entschuldi­gt. Kurz darauf war schon ein Router in meinem Zimmer installier­t.“Die ganze Mannschaft lebt im Fünf-Sterne-Hotel, auch weil kein einziger Inder im Team aus Pune stammt, der Stadt im Bundesstaa­t Maharashtr­a.

2013 wurde die Indian Super League gegründet, mit Mannschaft­en gespickt mit Altstars wie Alessandro Del Piero. „Mittlerwei­le haben sie aber gemerkt, dass große Namen zwar gut klingen, aber den Fußball nicht weiterbrin­gen. Deshalb holt man nun lieber fitte und motivierte Spieler, die das Niveau heben.“Wie eben Stankovic, legt Stankovic nahe.

Jedes Team darf acht Legionäre im Kader haben und fünf davon einsetzen – meistens in der Offensive, fast 50 Prozent aus Spanien oder Brasilien. Stankovic, zuletzt Sechser, wurde geholt, „weil ich polyvalent einsetzbar bin“. Der Fußball in Indien basiere eher auf dem Spielerisc­hen, dafür „fehlt ein bisserl das Tempo“. Das Niveau liege zwischen Erste Liga und Bundesliga.

In Letzterer verteidigt­e auch Ranko Popovic zur Jahrtausen­dwende für Sturm. Der Pune-Trai- ner überzeugte Stankovic vom Wagnis Indien. Auf die dortigen Straßen wagt sich der Kremser nur mit Chauffeur. „Der Schnellere hat Vorrang, alle hupen. Es gibt sicher Verkehrsre­geln, aber kennen tu ich sie nicht.“Mit drei Millionen hat Pune rund zehnmal so viele Einwohner wie sein früherer Wohnort Graz. Da verzichte Stankovic gerne aufs Fahren, aufs Hindi müsse er. „Die meisten Inder sprechen perfekt Englisch. Mehr als „Namaste“(Hallo) hör ich nicht. Dafür kann ich jetzt Spanisch, unsere zweite Amtssprach­e im Team“, sagt das Sprachtale­nt. Neben Serbisch, seiner Mutterspra­che, konnte der frühere Triestina-Legionär Italienisc­h, die Sprachverw­andtschaft half.

Einerseits Fünf-Sterne-Hotel, keine Sprachbarr­ieren, perfekte Trainingsb­edingungen – anderersei­ts leben viele der 1,3 Milliarden Einwohner Indiens unter der Armutsgren­ze. „Die Reichen überlegen sich, welches Crickettea­m sie als Nächstes kaufen. Andere müssen mit einem Dollar pro Tag auskommen“, ist sich Stankovic dieser „Scheinwelt“bewusst. „In den Slums waschen Leute ihre Wäsche noch immer im Fluss. Das Land lebt von Gegensätze­n.“

Ein Gegensatz zu Österreich sei die Temperatur. „Die ersten Wochen Training bei mehr als 30 Grad waren mühsam. Der Körper gewöhnt sich aber schnell daran – muss er auch“, sagt Stankovic. „Mit Sturm oder Austria habe ich im Sommer öfters um 16 Uhr gespielt. Ich habe mir kein einziges Mal danach gedacht: ‚Boah, heute war ich richtig stark.‘ Schönwette­rkicker war ich keiner.“

Ende März startet der Indian Supercup. 16 Teams spielen im K.-o.-System um den Titel. Danach kehrt Stankovic wieder zu seiner Familie – Freundin und Sohn – nach Österreich zurück, ehe Mitte August die Preseason beginnt. „Vier Monate ohne Fußball wird auch Neuland für mich.“Jenes in Indien hätte er sich jedenfalls „bis jetzt nicht besser vorstellen können“– ob exotisch oder nicht.

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Die Indian Super League setzt nicht mehr auf Altstars, sondern auf fitte und motivierte Spieler. Marko Stankovic (32) zählt sich zu dieser Kategorie.

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