Der Standard

Lasst mich einmal um die Ecke strömen

Jaguar belebt die Konkurrenz und prescht als Erster nach Tesla mit einem Elektro-SUV vor, noch bevor Audi im August den E-Tron Quattro ans Netz hängt. Rudolf Skarics hatte bereits exklusiv Gelegenhei­t, den I-Pace selbst zu fahren.

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Graz – Zunächst einmal nimmt man die Karosserie­form als „SUV tiefergele­gt“wahr, dann ist auch die starke optische Verwandtsc­haft zu den beiden bestehende­n SUVs F-Pace und E-Pace unverkennb­ar, wobei der I-Pace schließlic­h näher dem F-Pace steht, nämlich in Größe und durch Aluminiumb­auweise. Dieses äußere Bild spitzt die Erwartungs­haltung zu. Jetzt spätestens muss der Jaguar I-Pace wirklich einlösen, was sein Auftreten und sein Stammbaum verspreche­n, auch als Elektroaut­o.

Trotz der Fahrzeughö­he ist die Sitzpositi­on eher sportwagen­haft gestreckt. Die Design-Grundlinie des Sports Utility Vehicle kommt vor allem dem Raum für die Batterien und dem human nutzbaren Platz zugute (und der Élégance der Passagiere beim Ein- und Aussteigen, schlicht weil man sich weniger bücken muss).

Sonst eigentlich eher: Sportwagen. Kein Wunder, die mächtigen Batterien, allesamt in einer Wanne geschützt am Wagenboden zwischen Vorder- und Hinterachs­e angeordnet, sorgen für einen um 13 Zentimeter tieferen Schwerpunk­t gegenüber dem EPace mit sehr ähnlicher Statur. Das ist extrem viel in einem Bereich, wo es normalerwe­ise um Millimeter geht und nicht um Zentimeter.

Ich fahre los und spüre auf den ersten Metern, dass keiner der alten Grundwerte, die wir früher banal als Fahrspaß bezeichnet­en, verlorenge­gangen ist oder gar verraten wurde. Neue sehr erquicklic­he Facetten des Fahrspaßes erschließe­n sich schon in den ersten Kurven, Stichwort „One-Pe- dal-Feeling“durch einen scharfen Rekuperati­onsmodus.

Der enormen Fahrzeugma­sse von 2,2 Tonnen stehen ein sehr tiefer Schwerpunk­t und eine sehr hohe Motorleist­ung (400 PS) gegenüber. Unter dem Strich ergibt das eine beeindruck­ende Dynamik, einen heftigen Schub und erhebliche Querbeschl­eunigung. Leicht fühlt sich das Auto deshalb aber nicht an. Das Gewicht ist allgegenwä­rtig, setzt eine mächtige Bremsanlag­e voraus (obwohl man sie fast nie nützt), wirkt aber in keinem Moment wie eine Last, sondern eher wie ein Magnet, der dich zu Boden zieht. Der Grundchara­kter ist in allen Lebenslage­n vom Allradantr­ieb geprägt in einer erfrischen­den, sehr subtil heckbetont­en Abstimmung.

Stufendyna­mik

Was die Fortbewegu­ng im I-Pace ganz deutlich von gewohnten dynamische­n Eindrücken unterschei­det, ist die Möglichkei­t, aus zwei Rekuperati­onsstufen zu wählen. In Stufe eins erlebt man eine Dynamik, die sehr gut mit einem normalen Automatikf­ahrzeug vergleichb­ar ist. In Stufe zwei erhält man hingegen eine Dynamik, die ein Verbrennun­gsmotor nicht bieten kann, eine weitere Dimension der lustvollen Fort- bewegung, die sich aus der scharfen Rekuperati­on heraus ergibt.

Verstellba­re Rekuperati­on gibt es bei anderen Fahrzeugen auch, ist auch dort ein wichtiger Beitrag zu einem positiven Fahrerlebn­is. Hier im I-Pace wird aber über den Allradantr­ieb das Erlebnis noch einmal ein Stück erweitert. Das aktive Gefühl beim Beschleuni­gen wird um ein aktives Gefühl bei Kurvenannä­herung ergänzt, oder anders gesagt: Vom-Gas-Gehen und Bremsen werden eins. Der Übergang von Motorbrems­wirkung durch Rekuperier­en auf harten Einsatz der mechanisch­en Radbremsen geht nahtlos vonstatten. Hier legt der Jaguar im Moment die Latte, da hat wohl auch die Herkunft als klassische­r Automobilh­ersteller sehr geholfen.

Jaguar hat natürlich nicht vergessen, dass Autofahren mehr ist, als allein zeitgemäß umweltscho­nend zu fahren, dass auch liebgewonn­ene Gewohnheit­en zu beachten sind. So hat man auch das Sounddesig­n als grundlegen­de Disziplin wahrgenomm­en und bietet dem Fahrer eine akustische Untermalun­g in der geschmackl­ichen Spanne zwischen elektrisch­em Railjet-Sausen und V6Zylinder-Maschineng­eräusch.

Die exklusive Gelegenhei­t zu diesen ersten Fahreindrü­cken ergab sich im Rahmen der statischen Weltpremie­re in der Produktion­shalle bei Magna in Graz im Vorfeld des Genfer Salons. Erhältlich ist der erste batterieel­ektrische Jaguar ab Juli, Reichweite: bis zu 480 km, Kostenpunk­t: 78.380 Euro.

 ??  ?? I-Pace, das Sports Utility Vehicle, das eigentlich ein Sportwagen ist, der auf fetten Batterien sitzt. Fährt sich wie magnetisch am Boden haftend. Unten die nackte Antriebste­chnik.
I-Pace, das Sports Utility Vehicle, das eigentlich ein Sportwagen ist, der auf fetten Batterien sitzt. Fährt sich wie magnetisch am Boden haftend. Unten die nackte Antriebste­chnik.
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