Gegenwind für Bitcoin nimmt zu
Seit Jahresbeginn nimmt der Gegenwind für Bitcoin und andere Kryptowährungen stetig zu. Neben einer immer strengeren Gangart der Aufsichtsbehörden hat auch der Werbebann von Facebook und Google die Notierungen unter Druck gebracht.
Wien – Nach der Flut des Vorjahres herrscht nun offenbar Ebbe am Markt für Kryptowährungen wie Bitcoin. Nach einer Reihe negativer Meldungen hat sich der Gesamtwert aller digitaler Währungen seit dem Rekordstand zu Beginn des Jahres bereits mehr als 40 Prozent verringert und beläuft sich auf nur noch 330 Milliarden US-Dollar. Besonders schwer zugesetzt hat dem Markt zuletzt der Liebesentzug der Internetriesen: Nach Facebook im Jänner hat nun auch Google zur Wochenmitte sämtliche Werbung aus diesem Bereich von seinen Angeboten verbannt – zum Schutz der Anleger, wie es zur Begründung hieß.
Darauf war der Bitcoin-Kurs am Donnerstag zeitweise deutlich unter die Marke von 8000 Dollar gerutscht, bevor er sich wieder etwas erholen konnte. Auch andere Währungen wie Ethereum, Ripple oder Bitcoin Cash, gewissermaßen die Kronprinzen hinter König Bitcoin, gerieten unter starken Abgabedruck. Ende des Vorjahres hatte der Wert eines Bitcoins noch an der Marke von 20.000 Dollar gekratzt.
Staatliche Daumenschrauben
Seitdem haben auch Aufsichtsbehörden die Erholungstendenzen der Kryptowährungen im Keim erstickt. Besonders die USBörsenaufsicht SEC nimmt die Handelsplätze für Bitcoin und Co nun enger an die Leine. Um Betrug oder Manipulationen einen Riegel vorzuschieben, müssen Kryptobörsen künftig unter gewissen Umständen eine Registrierung bei der SEC einholen.
„Das gilt insbesondere, wenn sie Kryptowährungen anbieten, deren Tokens als Wertpapiere eingestuft werden“, erklärt Marktanalyst Mati Greenspan vom Broker eToro. Auf Bitcoin trifft dies zwar seiner Ansicht nach nicht zu, allerdings könnten andere Kryptowährungen betroffen sein. Vor allem sogenannte Initial Coin Offerings (ICOs) dürften darunter fallen, gewissermaßen digitale Börsengänge, bei denen Firmen statt Aktien eigene Token ausgeben.
Bezeichnend war auch das Eingreifen japanischer Behörden, die grundsätzlich als aufgeschlossen gegenüber Bitcoin und Co gelten. Zwei Kryptobörsen wurden vergangene Woche angewiesen, wegen Sicherheitsmängeln den Betrieb vorübergehend einzustellen. Andere wurden aufgefordert, ihre Systeme zu verbessern, um Kunden besser zu schützen sowie Geldwäsche zu unterbinden. Eine global einheitliche Regulierung von Kryptowährungen ist nach japanischen Angaben im Vorfeld des Finanzministertreffens der G-20-Staaten allerdings nicht in Sicht. Die Unterschiede in den Herangehensweisen der Staaten seien zu groß, sagte ein Vertreter der Regierung in Tokio. „Die allgemeine Stimmung unter den G-20-Mitgliedern ist, dass zu strikte Regulierung nicht gut wäre.“
Wasser auf die Mühlen der Bitcoin-Kritiker hat ein weiteres Mal der US-Starökonom Nouriel Roubini gegossen, für den Kryptowährungen noch immer „unnachhaltig hoch“bewertet sind. Er lässt auch kein gutes Haar an der BlockchainTechnologie, auf der Bitcoin und Co aufsetzen: Für ihn handelt es sich um die „am stärksten übergehypte Technologie aller Zeiten“. Als zu kompliziert, zu langsam sowie zu speicher- und energieintensiv für einen großflächigen Einsatz schätzt Roubini diese ein. Allerdings räumt der Ökonom sehr wohl ein, dass es manche Nischen gebe, in denen Blockchain sinnvoll eingesetzt werden könne. (aha)
Wer sich schon länger mit Finanzmärkten auseinandersetzt, den wird die jüngste Entwicklung von Kryptowährungen wie Bitcoin kaum überraschen. Auf den Hype des Vorjahres folgt nun eine tiefgreifende Ernüchterung. Erinnerungen an die Technologieblase der späten 1990er-Jahre werden wach, als Internetfirmen, die noch nicht einen einzigen Dollar Gewinn erzielt hatten, an der Börse zu atemberaubenden Preisen gehandelt wurden. Ähnlich wie es sich nun bei Bitcoin und Co abzeichnet, folgte der Jahrtausendwende ein tiefer und langer Fall.
Das bedeutet aber nicht, dass Kryptowährungen grundsätzlich scheitern werden. Vielmehr dürfte es sich um eine einsetzende Phase der Besinnung handeln, in der die Spreu vom Weizen getrennt wird. Es liegt auf der Hand, dass die Welt keine 1500 Kryptowährungen braucht. Die meisten davon werden ebenso in der Versenkung verschwinden wie einst jene Internetfirmen, deren Geschäftsmodelle sich als nicht tragfähig erwiesen haben.
Eine Handvoll digitaler Währungen könnte jedoch gestärkt aus der aktuellen Baisse der digitalen Währungen hervorgehen, so wie auch Amazon die Flaute nach dem Technologiehype gut überstanden hat. Ob dies Bitcoin oder andere, womöglich bisher noch gar nicht existente Kryptowährungen sein werden, bleibt abzuwarten. Schließlich war beim Platzen der Internetblase von den künftigen Branchengrößen Google und Facebook auch noch keine Rede.