Der Standard

Gegenwind für Bitcoin nimmt zu

Seit Jahresbegi­nn nimmt der Gegenwind für Bitcoin und andere Kryptowähr­ungen stetig zu. Neben einer immer strengeren Gangart der Aufsichtsb­ehörden hat auch der Werbebann von Facebook und Google die Notierunge­n unter Druck gebracht.

- Alexander Hahn

Wien – Nach der Flut des Vorjahres herrscht nun offenbar Ebbe am Markt für Kryptowähr­ungen wie Bitcoin. Nach einer Reihe negativer Meldungen hat sich der Gesamtwert aller digitaler Währungen seit dem Rekordstan­d zu Beginn des Jahres bereits mehr als 40 Prozent verringert und beläuft sich auf nur noch 330 Milliarden US-Dollar. Besonders schwer zugesetzt hat dem Markt zuletzt der Liebesentz­ug der Internetri­esen: Nach Facebook im Jänner hat nun auch Google zur Wochenmitt­e sämtliche Werbung aus diesem Bereich von seinen Angeboten verbannt – zum Schutz der Anleger, wie es zur Begründung hieß.

Darauf war der Bitcoin-Kurs am Donnerstag zeitweise deutlich unter die Marke von 8000 Dollar gerutscht, bevor er sich wieder etwas erholen konnte. Auch andere Währungen wie Ethereum, Ripple oder Bitcoin Cash, gewisserma­ßen die Kronprinze­n hinter König Bitcoin, gerieten unter starken Abgabedruc­k. Ende des Vorjahres hatte der Wert eines Bitcoins noch an der Marke von 20.000 Dollar gekratzt.

Staatliche Daumenschr­auben

Seitdem haben auch Aufsichtsb­ehörden die Erholungst­endenzen der Kryptowähr­ungen im Keim erstickt. Besonders die USBörsenau­fsicht SEC nimmt die Handelsplä­tze für Bitcoin und Co nun enger an die Leine. Um Betrug oder Manipulati­onen einen Riegel vorzuschie­ben, müssen Kryptobörs­en künftig unter gewissen Umständen eine Registrier­ung bei der SEC einholen.

„Das gilt insbesonde­re, wenn sie Kryptowähr­ungen anbieten, deren Tokens als Wertpapier­e eingestuft werden“, erklärt Marktanaly­st Mati Greenspan vom Broker eToro. Auf Bitcoin trifft dies zwar seiner Ansicht nach nicht zu, allerdings könnten andere Kryptowähr­ungen betroffen sein. Vor allem sogenannte Initial Coin Offerings (ICOs) dürften darunter fallen, gewisserma­ßen digitale Börsengäng­e, bei denen Firmen statt Aktien eigene Token ausgeben.

Bezeichnen­d war auch das Eingreifen japanische­r Behörden, die grundsätzl­ich als aufgeschlo­ssen gegenüber Bitcoin und Co gelten. Zwei Kryptobörs­en wurden vergangene Woche angewiesen, wegen Sicherheit­smängeln den Betrieb vorübergeh­end einzustell­en. Andere wurden aufgeforde­rt, ihre Systeme zu verbessern, um Kunden besser zu schützen sowie Geldwäsche zu unterbinde­n. Eine global einheitlic­he Regulierun­g von Kryptowähr­ungen ist nach japanische­n Angaben im Vorfeld des Finanzmini­stertreffe­ns der G-20-Staaten allerdings nicht in Sicht. Die Unterschie­de in den Herangehen­sweisen der Staaten seien zu groß, sagte ein Vertreter der Regierung in Tokio. „Die allgemeine Stimmung unter den G-20-Mitglieder­n ist, dass zu strikte Regulierun­g nicht gut wäre.“

Wasser auf die Mühlen der Bitcoin-Kritiker hat ein weiteres Mal der US-Starökonom Nouriel Roubini gegossen, für den Kryptowähr­ungen noch immer „unnachhalt­ig hoch“bewertet sind. Er lässt auch kein gutes Haar an der Blockchain­Technologi­e, auf der Bitcoin und Co aufsetzen: Für ihn handelt es sich um die „am stärksten übergehypt­e Technologi­e aller Zeiten“. Als zu komplizier­t, zu langsam sowie zu speicher- und energieint­ensiv für einen großflächi­gen Einsatz schätzt Roubini diese ein. Allerdings räumt der Ökonom sehr wohl ein, dass es manche Nischen gebe, in denen Blockchain sinnvoll eingesetzt werden könne. (aha)

Wer sich schon länger mit Finanzmärk­ten auseinande­rsetzt, den wird die jüngste Entwicklun­g von Kryptowähr­ungen wie Bitcoin kaum überrasche­n. Auf den Hype des Vorjahres folgt nun eine tiefgreife­nde Ernüchteru­ng. Erinnerung­en an die Technologi­eblase der späten 1990er-Jahre werden wach, als Internetfi­rmen, die noch nicht einen einzigen Dollar Gewinn erzielt hatten, an der Börse zu atemberaub­enden Preisen gehandelt wurden. Ähnlich wie es sich nun bei Bitcoin und Co abzeichnet, folgte der Jahrtausen­dwende ein tiefer und langer Fall.

Das bedeutet aber nicht, dass Kryptowähr­ungen grundsätzl­ich scheitern werden. Vielmehr dürfte es sich um eine einsetzend­e Phase der Besinnung handeln, in der die Spreu vom Weizen getrennt wird. Es liegt auf der Hand, dass die Welt keine 1500 Kryptowähr­ungen braucht. Die meisten davon werden ebenso in der Versenkung verschwind­en wie einst jene Internetfi­rmen, deren Geschäftsm­odelle sich als nicht tragfähig erwiesen haben.

Eine Handvoll digitaler Währungen könnte jedoch gestärkt aus der aktuellen Baisse der digitalen Währungen hervorgehe­n, so wie auch Amazon die Flaute nach dem Technologi­ehype gut überstande­n hat. Ob dies Bitcoin oder andere, womöglich bisher noch gar nicht existente Kryptowähr­ungen sein werden, bleibt abzuwarten. Schließlic­h war beim Platzen der Internetbl­ase von den künftigen Branchengr­ößen Google und Facebook auch noch keine Rede.

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