Der Standard

Leipziger Sprachblüh­en

Bei der Buchmesse Leipzig ausgezeich­net wurde unter anderem Esther Kinsky

- Michael Wurmitzer aus Leipzig

Eine Fachmesse für Therapie und Rehabilita­tion hat die Hallen zuvor belegt. Man kann einander aber auch mit Worten Gutes tun. „Ja, dein neues Buch interessie­rt mich auch“– so darf man sich Begegnunge­n von Autoren vorstellen, die gerade ein neues Opus herausgebr­acht haben. Auf einer Buchmesse ereignen sie sich naturgemäß gehäuft.

Dass Sprachkuns­t auch im Profanen blüht, untermauer­n weitere Ohrenschmä­use vom ersten Messetag. „Das Nadelöhr Handel wird immer größer“gehört zu den schönsten. Die paradox klingende Feststellu­ng wollte sagen, dass das klassische Modell des Literaturv­ertriebs über Buchhandlu­ngen immer schlechter funktionie­rt.

Direktere Endkundeni­nteraktion sei gefragt! „Weglasstit­el“wiederum bezeichnet Bücher, die Buchhändle­r erst gar nicht mehr in die Regale räumen, weil sie im ökonomisch­en Kontext absehbar schlecht performen werden und konkurrenz­fähigeren Titeln nur Platz wegnähmen.

Was aber verspricht Erfolg? „Die klassische Rezension bringt gar nichts mehr“, hieß es. Besser wirken offenbar Bestseller­listen. Die wenigen Top-Titel aus 60.000 Neuerschei­nungen jährlich sollen für elf Prozent des Buchumsatz­es sorgen. Verkaufsfö­rdernd wirken ebenso Debatten. Das politische Sachbuch sei im Aufwind, auch das wirklich sachliche und hintergrün­dige – und nicht nur das, das auf Empörung aus ist.

Apropos: Die Lage im hinteren rechten Eck der Halle 3 war entspannt. Beim Compact-Verlag hingen Poster, die unter anderem vor Islamisier­ung warnten, doch gab es keinerlei Tumult. Ebenso bei Anataios. Der Andrang war hier generell überschaub­ar. Autor Uwe Tellkamp, der jüngst mit AfD-Nähe aufgeregt hatte, sagte indes kommende Lesungen ab. Er fürchtet, sie könnten politisch „zweckentfr­emdet“werden.

Tageshöhep­unkt war die Vergabe der Preise der Leipziger Buchmesse (60.000 Euro). Sie gingen an Sabine Stöhr / Juri Durkot (Übersetzun­g, Internat), Karl Schlögel (Sachbuch, Das sowjetisch­e Jahrhunder­t) und Esther Kinsky (Belletrist­ik, Hain).

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