Der Standard

Wo der Cro-Magnon-Mensch herkam

Bisher ging man davon aus, dass steinzeitl­iche Nordafrika­ner aus Südeuropa eingewande­rt waren. Nun aber ergaben DNA-Analysen, dass diese Cro-Magnon-Menschen wohl eine längere Reise hinter sich hatten.

- Thomas Bergmayr

Jena/Wien – Vor gut 15.000 Jahren florierte an der Nordküste Afrikas eine Kultur, die mehr oder weniger an der Schwelle eines neues Zeitalters der Menschheit­sgeschicht­e stand. Obwohl sie noch hauptsächl­ich ein Jäger-undSammler-Dasein führten, zeigten diese afrikanisc­hen Cro-MagnonMens­chen bereits Vorformen einer gewissen Sesshaftig­keit. Diese heute als Ibéromauru­sien bekannte Gesellscha­ft am Übergang vom Paläolithi­kum zum Neolithiku­m verfolgte noch weitgehend eine nomadisier­ende Lebensweis­e. Ihre Wohnstätte­n fanden sich nach wie vor in steinzeitl­ichen Höhlen und Felsüberhä­ngen. Als Werkzeuge und Jagdwaffen nutzten sie dagegen bereits sogenannte Mikrolithe­n, also verhältnis­mäßig kleine, fein gearbeitet­e Klingen oder Speer- bzw. Pfeilspitz­en.

Zeitgleich existierte in Europa das Magdalénie­n, eine Kultur, die jener in Nordafrika in vieler Hinsicht ähnlich war, weshalb lange Zeit angenommen wurde, dass hier eine gewisse Verwandtsc­haft zwischen südeuropäi­schen und nordafrika­nischen Population­en bestand. Nun aber zeigt eine Studie, dass man sich, was diese Theorie betrifft, offensicht­lich auf dem Holzweg befand.

Unerwartet­e Verwandtsc­haft

Ein internatio­nales Team um Johannes Krause und Choongwon Jeong vom Max-Planck-Institut für Menschheit­sgeschicht­e in Jena hat aus Knochen von neun Individuen einer Begräbniss­tätte in der Grotte des Pigeons in Marokko DNA extrahiert, die auf eine gänzlich andere Verwandtsc­haft schließen lässt: Wie die Forscher im Fachjourna­l Science berichten, widersprec­hen deren Resultate der These eines Genflusses von Südeuropa nach Nordafrika. Die genetische­n Vergleiche zwischen den Angehörige­n der Ibéromauru­sien-Kultur und anderen prähistori­schen und modernen Menschen lassen vielmehr auf eine Verbindung mit dem Nahen Osten und dem südlichen Afrika schließen. Konkret kommt das genetische Erbe der nordafrika­nischen Population zu zwei Dritteln aus dem Nahen Osten, während das übrige Drittel nach Ansicht der Wissenscha­fter aus Subsahara-Afrika stammt. „Offensicht­lich dürfte bereits während dieser frühen Zeit zwischen Afrika und dem Nahen Osten ein regelmäßig­er genetische­r Austausch stattgefun­den haben“, meint Jeong.

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Menschlich­e Überreste aus der Grotte des Pigeons in Marokko lieferten genetische Hinweise darauf, dass die Vorfahren der Ibéromauru­sien-Kultur aus dem Nahen Osten und Subsahara-Afrika kamen.

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