Lebensqualität im Fokus: Das Multiple Myelom
Das Multiple Myelom ist eine bösartige Erkrankung des Knochenmarks, die von den Plasmazellen ausgeht. Der Verlauf einer Myelomerkrankung kann sehr unterschiedlich sein – eine individuell angepasste Therapie und die Erhaltung der Lebensqualität stehen dahe
Beim Multiplen Myelom kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung dieser Plasmazellen, die ihre Grundeigenschaft, die Unterstützung des Immunsystems bei der Abwehr von Infekten, verloren haben. „Die Diagnose erfolgt zumeist über die Symptome, die Patienten aufweisen, wie Veränderungen an den Knochen und damit einhergehende chronische Schmerzen, eine eingeschränkte Nierenfunktion, Müdigkeit und Schwindel aufgrund von Blutarmut oder häufige Infektionserkrankungen, die durch die geschwächte Immunabwehr bedingt sind“, erklärt Dr. Wolfgang Willenbacher, Univ.Klinik für Innere Medizin V, Hämatologie und Onkologie am A. ö. Landeskrankenhaus (Univ.-Kliniken) Innsbruck der Tirol Kliniken. Zur Absicherung der Diagnose werden Gewebsproben aus dem Knochenmark entnommen und spezielle Bluttests durchgeführt. „ Die Ausprägung der einzelnen Krankheitssymptome ist von Patient zu Patient individuell sehr verschieden. Leiden Patienten unter Skelettveränderungen, steht die Schmerzsymptomatik im Vordergrund, andere wiederum entwickeln ein Nierenversagen, das mittels Dialyse behandelt werden muss. Am häufigsten ist sicher der Leistungsverlust zu beobachten, über den Patienten klagen“, meint Dr. Willenbacher.
Ziel jeder Therapie ist es, das Multiple Myelom möglichst tief zurückzudrängen. Dazu werden in der Regel Kombinationstherapien eingesetzt, die die Myelomzellen an unterschiedlichen Stellen angreifen. Die therapeutische Strategie ist zumeist abhängig vom Alter des Patienten, dem Stadium der Erkrankung sowie dem Vorhandensein von Begleiterkrankungen. Bei Patienten unter 65 Jahren wird in der Regel eine Stammzellentransplantation durchgeführt, dazu erhalten sie im Vorfeld eine Kombinationstherapie. Die Stammzellentransplantation ist bei Patienten über 65 Jahren bzw. bei Patienten mit Begleiterkrankungen nicht indiziert – sie werden in diesen Fällen ausschließlich mittels Kombinationstherapie behandelt. Die Erforschung des Multiplen Myeloms hat in den letzten Jahren eine Reihe neuer Wirkstoffe wie z. B. Proteasominhibitoren, immunmodulierende Substanzen und Antikörper hervorgebracht, die neben der Stammzelltherapie und Chemotherapien eingesetzt werden. Wenn die Patienten auf diese Kombinationstherapien gut ansprechen erfolgt danach eine erhaltende Therapie mit zumeist oralen Präparaten. Dazu Dr. Willenbacher: „Der Vorteil einer oralen Therapie liegt darin, dass die Patienten diese zu Hause einneh- men können. Die laufende Kontrolle des Blutbilds erfolgt ambulant, um rechtzeitig auf Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten reagieren zu können. Darüber hinaus stehen den Patienten auch Hilfsmittel wie Apps zur Verfügung, die sie an die regelmäßige Einnahme der Tabletten erinnern. Dies ist besonders dann wichtig, wenn sie zum Beispiel nur eine Tablette pro Woche einnehmen müssen – sie sollte auf keinen Fall vergessen werden.“
Trotz der therapeutischen Fortschritte ist die Krankheit bisher meist nicht heilbar, bei vielen Patienten kann ein Rezidiv auftreten. Deshalb ist es neben der medizinischen Versorgung ebenso wichtig, über die Lebensqualität der Patienten Bescheid zu wissen. Dazu wird gemeinsam von Tirol Kliniken, ESD und Oncotyrol seit knapp zwei Jahren an der hämatologisch- onkologischen Ambulanz des Universitätsklinikums Innsbruck das softwarebasierte Monitoring-Tool CHES (Computer-based Health Evaluation System) eingesetzt: „ Mittels standardisierter Fragebogen- Instrumente wird die subjektive Wahrnehmung des Gesundheitszustandes der Patienten erfasst und grafisch aufbereitet (siehe Abbildung) – von der Diagnose bis zur Langzeitnachsorge“, erklärt Univ.-Prof. DI Dr. Bernhard Holzner, ESD-Projektleiter Patient Reported Outcomes. „Die behandelnden Ärzte sehen auf einen Blick und in Echtzeit, welche Symptome bzw. Beeinträchtigungen die Patienten aktuell haben, und können damit zielgerichtet auf Probleme reagieren und, wenn nötig, andere Fachabteilungen hinzuziehen – den Patienten also gesamtheitlich betreuen“, sieht Dr. Willenbacher den Vorteil von CHES. Die umfassende Datensammlung ist darüber hinaus mit dem Austrian Myeloma Registry verknüpft; die anonymisierten Daten werden für die Forschung verwendet, und die Erkenntnisse daraus kommen letztendlich wieder den Patienten zugute: „Das Austrian Myeloma Registry wurde ins Leben gerufen, um die tatsächliche Behandlung des Multiplen Myeloms abzubilden und unter anderem die Ergebnisse, die wir daraus gewinnen, mit den aktuellen nationalen und internationalen Leitlinien zu vergleichen“, führt dazu Mag. Roman Weger, Projektleiter bei Oncotyrol, aus.
CHES ist eine browserbasierte, deviceunabhängige Software, die ein Monitoring der Patienten über ein Patientenportal auch von zu Hause aus ermöglicht. Die Patienten benötigen einen Internetzugang und geben in Absprache mit dem behandelnden Arzt die Fragebogendaten in einem bestimmten Rhythmus, zumeist vor dem nächsten Besuch an der Klinik, ein. Weiters werden den Patienten bei auftretenden Symptomen und Problemen individualisierte Selbsthilfetools webbasiert zur Verfügung gestellt.
Dr. Willenbacher abschließend: „CHES wird von den Patienten sehr positiv aufgenommen. Sie fühlen sich wahrgenommen und wertgeschätzt, ihre Probleme und Sorgen können im ärztlichen Gespräch sofort behandelt werden, was in einer höheren Therapietreue resultiert. Darüber hinaus werden realistische Daten erhoben, die Aufschluss über die Erkrankung an sich geben und schlussendlich allen Stakeholdern