Ruf nach mehr Qualität in der Lehre
Beim zweiten Lehrlingsmonitor von Arbeiterkammer und Gewerkschaft werden Verbesserungspotenziale sichtbar. Dazu gehören mehr Rückmeldungen zu den Ausbildungsfortschritten sowie ein besserer Austausch zwischen Betrieben und Berufsschulen.
Wien – Die duale Ausbildung ist international ein Vorzeigemodell, in Österreich selbst leidet die Lehre aber schon lange am schlechten Image. Die Regierung will sich daher auch der Aufwertung der Lehre widmen. Im zweiten Lehrlingsmonitor der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft werden Verbesserungspotenziale gezeigt. Vom Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung (ÖIBF) wurden dafür 6024 Lehrlingen online befragt.
Lehrlinge bei Banken und Versicherungen, Steuerassistenz, in der IT sowie Metalltechnik und Verwaltungsassistenz bewerteten die Qualität der Ausbildung am besten. Die schlechtesten Ausbildungsbewertungen gaben Lehrlinge in den Lehrberufen Friseur und Perückenmacher, Restaurantfachmann/-frau, Elektrotechniker, Einzelhandel, Maler und Beschichtungstechniker, Kfz-Techniker, Konditor sowie Hotel- und Gastgewerbeassistent.
So gaben 29 Prozent der Lehrlinge an, (sehr) häufig ausbildungsfremde Tätigkeiten ausüben zu müssen. Sechs Prozent der befrag- ten unter 18-Jährigen gaben an, Überstunden zu leisten, mehr als ein Drittel davon unfreiwillig.
Unterstützung bei der Vorbereitung zur Lehrabschlussprüfung bekommen knapp 60 Prozent der Lehrlinge. Bei knapp der Hälfte habe der Lehrlingsausbildner mit ihnen auch über die Anforderungen der Lehrabschlussprüfung gesprochen.
Kaum Rückmeldung
Aber zwei von fünf Lehrlingen bekommen kaum oder gar keine Rückmeldung zum Ausbildungsfortschritt. Fast ein Drittel der befragten Lehrlinge gab an, die Ausbildner nur manchmal zu sehen. Nur 37 Prozent der Betriebe erkundigen sich nach den Lerninhalten der Berufsschule. An gemeinsame Projekte zwischen Lehrbetrieb und Berufsschule konnte sich nur knapp ein Fünftel der Befragten erinnern. Dabei zeigt die Auswertung auch, dass gerade bei jenen Lehrlingen die Ausbildungszufriedenheit besonders hoch ist, in deren Betrieb sich jemand auch für die Inhalte der Berufsschule interessiert.
Die Berufsschule sei für viele eine willkommene Abwechslung zur Praxis im Betrieb, sagt Sascha Ernszt, Vorsitzender der Gewerkschaftsjugend (ÖGJ). 20 Prozent der Lernzeit in der Lehrausbildung entfallen auf die Berufsschule. Der Großteil habe auch keine Schwierigkeiten, dem Unterricht zu folgen. Knapp 70 Prozent gaben an, dass sie die Lerninhalte im Betrieb brauchen können. „Da sind eher Unternehmen ungeduldig, dass Lehrlinge bestimmte Inhalte erst später erlernen“, ergänzt er.
Einen Berufsschullehrermangel, wie ihn Experten für Deutschland prognostizieren – bis 2025 würden demnach rund 22.000 Berufsschullehrer fehlen –, sei laut dem Bildungsministerium für Österreich nicht zu befürchten. Zwar sind auch in Österreich die Zahlen bei den Lehrern rückläufig, aber auch die Lehrlingszahlen sind in den letzten Jahren zurückgegangen.
Ein Belastungsfaktor nicht nur in sozialer Hinsicht sei für Lehrlinge aber die Zeit im Internat, sagt Ernszt. Über 40 Prozent der Lehrlinge müssen während ihrer Berufsschulzeit ein Internat beziehen. Zwischen acht und zehn Wochen dauert der geblockte Unterricht, abseits des gewohnten Umfelds, der Freunde und der Familie.
Die finanzielle Belastung durch die zusätzlichen Internatskosten, die von gut 40 Prozent auch selbst getragen werden mussten, ist mit 1. Jänner weggefallen. Die Fahrtkosten sind aber nach wie vor von den Lehrlingen zu tragen. „Durch die Zusammenlegung von Berufsschulen wird das immer mehr zum Thema“, sagt Ernszt. Als Beispiel nennt er den Textilbereich. Bisher gab es in Wien und in Vorarlberg eine entsprechende Berufsschule, durch den Rückgang der Lehrling gibt es jetzt nur noch den Standort in Bludenz.