Höchstgericht ebnet Weg für Anerkennung dritten Geschlechts
Weitere Option neben Mann und Frau wird nach deutschem Vorbild geprüft
Wien/Linz – Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wird prüfen, ob es rechtens ist, wenn im Umgang mit Behörden das Geschlecht zwingend als weiblich oder männlich anzugeben ist. Der am Montag veröffentlichte Prüfungsbeschluss macht deutlich, dass die Höchstrichter – wie vor kurzem in Deutschland – das Recht auf ein drittes Geschlecht verankern werden.
Grundlage ist die Beschwerde eines intersexuellen Oberösterreichers, der am Standesamt Steyr vergeblich versuchte, seinen Geschlechtseintrag im Zentralen Personenstandsregister (ZPR) auf „inter“oder eine ähnliche Formulierung abändern zu lassen. Vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich blitzte Alex Jürgen mit seinem Antrag noch ab. Er reichte daraufhin Beschwerde beim VfGH ein – und dort teilt man die Sorgen des 42-Jährigen.
Das Personenstandsgesetz sieht vor, dass das Geschlecht bei Geburt, Eheschließung, eingetragener Partnerschaft und Tod in das Register einzutragen ist. Nun hat das Höchstgericht Bedenken, dass es gegen den grundrechtlichen Schutz der Privatsphäre verstoßen könnte, wenn es nur die Möglichkeit gibt, das Geschlecht weiblich oder männlich anzugeben. Eine Entscheidung sei „in einer der nächsten Sessionen“zu erwarten. (red)
Wien – Seit der ersten Pisa-Studie im Jahr 2000 gibt es deutlich mehr Schülerinnen und Schülern mit sogenanntem Migrationshintergrund, die hierzulande an der internationalen Bildungsvergleichsstudie teilgenommen haben. Lag deren Anteil vor 18 Jahren noch bei elf Prozent, waren bei der letzten Testung 2015 bereits 20 Prozent der Jugendlichen entweder im Ausland geboren oder hatten mindestens einen Elternteil, der in einem anderen Land zur Welt gekommen ist.
Im OECD-Durchschnitt trifft das auf 23 Prozent der 15-jährigen Testteilnehmer zu, zwischen den Jahren 2003 und 2015 liegt ein Plus von sechs Prozentpunkten.
Was ihr Abschneiden in den Kompetenzbereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften betrifft, so erreichten Schüler mit Migrationshintergrund in Österreich stets weniger Punkte als ihre autochthonen Kolleginnen und Kollegen. Zwischenzeitlich erfolgte eine gewisse Punkteannäherung, ein Trend, der bei der vergangenen Pisa-Erhebung von 2015 nicht mehr fortgesetzt wurde.
Zuletzt erreichten nur 46 Prozent der Schüler mit Migrationshintergrund das Basislevel in den getesteten Bereichen. Zum Vergleich: Im OECD-Schnitt konnten ganze 51 Prozent der Zuwandererkinder erster Generation das Basisniveau in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften nicht erreichen.
Eine neu vorliegende Pisa-Sonderauswertung widmet sich nun neben den Schulleistungen insbesondere der Lebenszufriedenheit von Schülern mit Migrationshintergrund. Dafür wurden bei der vorliegenden Untersuchung fünf Schlüsselbereiche definiert, die Aufschluss über die Resilienz der betroffenen Gruppe geben sollen. Untersucht wurden, neben dem Abschneiden bei den Wissensfragen, das Gefühl der Zugehörigkeit zur Schule, die Lebenszufriedenheit, schulbezogene Ängste und die Motivation, in der Schule gute Ergebnisse zu erzielen.
Fehlende Zugehörigkeit
Was das emotionale Wohlbefinden anlangt, berichten die Studienautoren: 41 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund (erste Generation, also im Ausland Geborene) haben OECD-weit das Gefühl, in der Schule nicht dazuzugehören – in Österreich sind es 33 Prozent. Bei der Vergleichsgruppe ohne Migrationshintergrund fühlten sich OECD-weit nur 33 Prozent der Befragten ähnlich ausgeschlossen, in Österreich 28 Prozent.
Bei der Lebenszufriedenheit klaffen die Ergebnisse nicht ganz so weit auseinander: 31 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund (erste Generation) stellten ihre Lebenszufriedenheit auf einer Skala von null bis zehn mit weniger als sechs Punkten dar. Das taten auch 28 Prozent der Schüler ohne Migrationshintergrund.
Wenn es um konkrete Probleme in der Schule geht, sticht Österreich neben Finnland, Luxemburg und der Schweiz besonders hervor: In den erwähnten Ländern klagen Schüler mit Migrationshintergrund über solche Belastungen – und zwar in Österreich um mehr als zehn Prozentpunkte häufiger als ihre Kolleginnen mit österreichischen Wurzeln.
Hohe Motivation
Zusammengefasst zeigt die Pisa-Sonderauswertung: Schüler mit Migrationshintergrund haben eher das Gefühl, in der Schule nicht dazuzugehören, und sind weniger mit ihrem Leben zufrieden als ihre Kolleginnen und Kollegen. Andererseits zeigt sich: Jugendliche mit Migrationshintergrund sind in der Schule deutlich motivierter als ihre Altersgenossen ohne ausländische Wurzeln – in Österreich und Deutschland lagen Schüler mit Migrationshintergrund hier um 14 Prozentpunkte vorne, ein Abstand, der deutlich über dem OECD-Schnitt von sechs Prozentpunkten liegt.
Öfter als im OECD-Schnitt würden sie hierzulande davon ausgehen, mit höherer Bildung abzuschließen. Tatsächlich haben sie jedoch schlechtere Chancen als „Natives“, dieses Ziel auch zu erreichen – und zwar um neun Prozentpunkte weniger als in den Vergleichsländern der OECD.
Die Studie benennt zwei wesentliche Faktoren, die der Integration abträglich sind: die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, in denen die Schüler aufwachsen, sowie Schwierigkeiten mit der Sprache. Ein niedriger sozioökonomischer Status erhöht die Wahrscheinlichkeit, das Basisniveau in den abgefragten Kompetenzfeldern nicht zu erreichen, um mehr als ein Fünftel, heißt es.
In Österreich und Deutschland sind diese Bildungsnachteile erheblich ausgeprägter als in anderen Vergleichsländern. Und: Wer zu Hause eine andere Sprache als die Unterrichtssprache spricht, dessen Chancen auf akademischen Erfolg sinken gleich um acht Prozentpunkte.
Auch auf eine unfaire Behandlung in der Schule geht die Studie ein. Demnach berichten Schüler mit Migrationshintergrund um 14 Prozent häufiger von dem Gefühl, vom Lehrer ungerecht behandelt zu werden – die Studienautoren raten daher zu speziellen Schulungen der Lehrkräfte.