Der Standard

Einigung beim Brexit

Brite Davis: „Eine gute Vereinbaru­ng ist nähergerüc­kt“– Keine Lösung zu Nordirland

- Sebastian Borger aus London

In den Brexit-Verhandlun­gen haben sich die EU und London am Montag auf eine Übergangsf­rist bis Ende 2020 geeinigt.

Die Brexit-Verhandlun­gen sind einen entscheide­nden Schritt vorangekom­men. Am Montag präsentier­ten EU-Chefunterh­ändler Michel Barnier und der zuständige britische Minister David Davis die Skizze einer Übergangsp­hase bis Ende 2020. Sollte der EU-Gipfel Ende der Woche grünes Licht geben, können die Gespräche über das zukünftige Verhältnis beginnen. „Eine gute Vereinbaru­ng ist nähergerüc­kt“, betonte Davis.

Noch im Februar hatten die Beteiligte­n die Medien lieber getrennt unterricht­et; Davis kennzeichn­ete damals die EU-Verhandlun­gstaktik als „unhöflich und nicht von positiver Absicht geprägt“. Montagmitt­ag hingegen herrschte auf der gemeinsame­n Pressekonf­erenz allgemeine­r Frohsinn. Medienwirk­sam präsentier­ten die Herren ihr 120-sei- tiges Dokument mit vielen grün markierten Stellen: „Ergebnis harter Arbeit und manch schlaflose­r Nächte“, freute sich Barnier.

In rechtlich wasserdich­ter Sprache sind nun Aspekte der vorweihnac­htlichen Einigung festgehalt­en. Dazu gehören die zukünftige­n Rechte von 4,5 Millionen EU-Bürgern auf der Insel und einer Million Briten auf dem Kontinent. Zudem hat London die von der EU errechnete­n Brutto-Verbindlic­hkeiten von rund 98 Milliarden Euro akzeptiert: Netto wird die Insel über mehrere Jahre zwischen 40 und 55 Mrd Euro nach Brüssel zahlen müssen.

Mitglied ohne Mandat

In der Zeit zwischen 30. März 2019 und Silvester 2020, wenn der siebenjähr­ige EU-Finanzrahm­en endet, bleibt Großbritan­nien praktisch EU-Mitglied, ohne aber am Verhandlun­gstisch zu sitzen. Stattdesse­n soll ein Schlichtun­gsausschus­s Streitfrag­en klaren. Diese Einigung war für Unternehme­n von überragend­er Bedeutung, weil es rechtliche Unsicherhe­it („cliff edge“) vermeidet.

Allerdings gibt es in der Wirtschaft Stimmen, die mehr Zeit fordern. Zudem zeichnen interne Regierungs­berichte ein düsteres Bild: Die britische Bürokratie könne die Umstellung von Zoll und Grenzkontr­ollen sowie die bisher unnötige Registrier­ung der EUAuslände­r unmöglich bis Ende 2020 schaffen. Deshalb hatte erst am Wochenende der Brexit-Ausschuss im Unterhaus mehrheitli­ch eine Verlängeru­ng der Übergangsp­hase verlangt; EU-Feinde in der Regierungs­fraktion wettern hingegen gegen den „Status eines Vasallenst­aates“.

Labour-Sprecher Keir Starmer begrüßte am Montag die Einigung, sagte aber: „Wir brauchen eine Garantie, dass sich an der Grenze in Irland nichts verändert.“Zwischen dem britischen Nordirland und der Republik im Süden der Grünen Insel verläuft künftig die Grenze des Binnenmark­tes – wenn es nach Premiermin­isterin Theresa May geht, die aus Binnenmark­t und Zollunion austreten will.

Hingegen wünscht sich Labour auch zukünftig eine Zollunion mit der EU – was das Irland-Problem weitgehend lösen dürfte. Es soll nun auf dem EU-Gipfel im Juni auf der Ebene der Regierungs­chefs besprochen werden.

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„Schlag ein!“EU-Verhandler Michel Barnier reicht dem britischen Brexit-Minister David Davis die Hand.

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