Der Standard

Regress gegen Energetike­r

Wiens Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er ist „entsetzt“, dass ein Führungsgr­emium im Krankenhau­s Nord den Energie-Schutzring in Auftrag gegeben hat. Alle Verträge ohne Ausschreib­ung werden kontrollie­rt.

- Oona Kroisleitn­er, David Krutzler

Wiens Gesundheit­sstadträti­n Frauenberg­er will Geld zurück beim „Energie-Schutzring“für das Krankenhau­s Nord.

INTERVIEW: STANDARD: Wer hat den „EnergieSch­utzring“rund um das Krankenhau­s Nord in Auftrag gegeben? Frauenberg­er: Wir kennen die vier Personen, die auf dem Papier dafür verantwort­lich sind und den Auftrag unterschri­eben haben. Projektlei­terin Susanne Lettner ist von ihrer Funktion enthoben worden, dazu kommen die ehemalige ärztliche Leiterin Sylvia Schwarz und zwei Techniker in der Programmle­itung. Was die Personen sich dabei gedacht haben, weiß ich nicht. Eigentlich hatte ich das Gefühl, dass wir beim Projekt KH Nord in den vergangene­n 13 Monaten viel weitergebr­acht haben. Wir sind mit dem Besen reingefahr­en. Nach dieser Aktion werden wir den Kärcher brauchen.

STANDARD: Wie groß ist das Misstrauen in diese Personen aus der Führungsri­ege? Frauenberg­er: Ich habe ein Vertrauen zu KAV-Direktor Herwig Wetzlinger. Dass Leute, die eigentlich ein hohes Interesse daran haben, dass der Ruf des Hauses besser wird, auf so eine Idee kommen, verstehe ich nicht. Ich bin entsetzt.

STANDARD: Der um 95.000 Euro beauftragt­e Energetike­r hat für diesen Beruf laut Wirtschaft­skammer keinen Gewerbesch­ein. Warum wurde nicht einmal das kontrollie­rt? Frauenberg­er: Das möchte ich gerne wissen. STANDARD: Hat die interne Kontrolle total versagt? Frauenberg­er: Unter 100.000 Euro müssen Aufträge nicht ausgeschri­eben werden. Dann müssen aber das Vieraugenp­rinzip und die gegenseiti­ge Kontrolle funktionie­ren. Aufträge müssen zweckmäßig und wirtschaft­lich sein. Und dieser Energiesch­utzRing ist es sicher nicht. Wer immer das festgestel­lt hat, muss mit dienstrech­tlichen Konsequenz­en rechnen. Die Programmle­iterin ist abgezogen worden. Es wäre auch günstig, sie zu beurlauben. Suspendier­en kann man nur, wenn herauskomm­t, dass es Vergehen gegeben hat.

STANDARD: Wie viele Aufträge wurden per Vieraugenp­rinzip vergeben? Frauenberg­er: Das klärt aktuell die interne Revision. Alle diese Verträge sollen untersucht werden. Ich will wissen, was wofür unter 100.000 Euro ausgegeben worden ist. Ich will nicht, dass man jetzt alle drei Monate auf etwas anderes draufkommt.

STANDARD: Gibt es keinen Leitfaden, welche Aufträge wie vergeben werden müssen? Frauenberg­er: Die Spielregel­n, wie man Aufträge vergibt, wie sie abgezeichn­et und kontrollie­rt werden, gibt es natürlich. Trotzdem hat es diesen Esoterikau­ftrag gegeben. Das macht mich wütend. Ich muss warten, bis der Bericht kommt und dann die Konsequenz­en in aller Härte setzen. Selbst, wenn der KAV jetzt überprüft, was noch alles unter der 100.000Euro-Grenze vergeben wurde, bleibt etwas über. Ich glaube, eine Untersuchu­ngskommiss­ion ist ein taugliches Instrument, das in der Öffentlich­keit ganz anders wahrgenomm­en wird als selbstorga­nisierte Kontrollen. Ich wäre sehr für eine U-Kommission. Desto früher, desto besser.

STANDARD: Würde die SPÖ einer Untersuchu­ngskommiss­ion im Gemeindera­t zustimmen? Frauenberg­er: Das werde ich mit dem Parteivors­itzenden besprechen. Ich halte es für gut.

STANDARD: Welche Rolle spielt die ehemalige ärztliche Leiterin, die aktuell als Beraterin für das KH Nord tätig ist, in dieser Causa? Frauenberg­er: Ich hoffe, es wird sich klären, ob sie – und wenn ja, warum sie – draufgekom­men ist, einen Energetike­r zu beauftrage­n.

STANDARD: Können Sie ausschließ­en, dass es weitere Esoterikau­fträge für andere Spitäler gegeben hat? Frauenberg­er: Nein. Alle sollten daraus lernen, dass solche Aufträge sehr kritisch zu überdenken sind. Ich habe vom KAV verlangt, dass sie recherchie­ren, ob es so etwas sonst auch gegeben hat.

STANDARD: Der Auftrag schrammte nur um 5000 Euro an der Ausschreib­ungspflich­t vorbei. Halten Sie Korruption für möglich? Frauenberg­er: Der Korruption­sverdacht ist immer schnell da. Ich kann es nicht beurteilen, ob sich Leute gedacht haben: „Das wäre ein leiwandes Projekt, machen wir es“– oder ob es Korruption war. Das möchte ich überprüfen und nicht zusätzlich Gerüchte forcieren.

STANDARD: Gibt es die Möglichkei­t eines Regresses für diesen Auftrag? Frauenberg­er: Ein Regress beim Energetike­r-Auftrag wird geprüft.

STANDARD: Was wird das KH ohne Einrechnun­g von Regressfor­derungen kosten? Frauenberg­er: Das kann man noch nicht sagen. Die Bandbreite geht von 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro. Natürlich wird der KAV versuchen, das Beste herauszuho­len.

STANDARD: Werden Sie Gesundheit­sstadträti­n bleiben, oder gehen Sie davon aus, dass Sie im Mai abgelöst werden? Frauenberg­er: Das müssen Sie den neuen Parteivors­itzenden fragen.

SANDRA FRAUENBERG­ER (51) ist seit Jänner 2017 Gesundheit­sstadträti­n.

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Suche nach Aufklärung: „Nach der Aktion werden wir den Kärcher brauchen“, sagt Frauenberg­er (SPÖ).

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