Der Standard

Seehofer markiert sein Revier

Äußerungen über Islam und Schengen sorgen für Unmut

- Birgit Baumann aus Berlin

Erst ein paar Tage ist die neue deutsche Regierung im Amt, doch schon zeichnet sich ab, mit wem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wohl „viel Freude“haben wird. Während die meisten Regierungs­mitglieder erst einmal Ministerie­n und Mitarbeite­r kennenlern­en, markieren zwei neue Ressortche­fs bereits ihr Revier – und zeigen, dass sie durchaus nicht vorhaben, sich zurückzuha­lten.

Der neue Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) hat gleich erklärt, dass zwar die in Deutschlan­d lebenden Muslime zu Deutschlan­d gehören, nicht aber der Islam – und damit versucht, die nachhaltig­ste Aussage des ehemaligen Bundespräs­identen Christian Wulff zu korrigiere­n.

Zustimmung gab es von der AfD, wenngleich Fraktionsc­hef Alexander Gauland darauf hinwies, dass dies „ureigene AfD-Linie“sei und Seehofer abkupfere.

Widerspruc­h erntete Seehofer von Merkel, die durch ihren Sprecher Steffen Seibert ausrichten ließ, dass die historisch­e Prägung Deutschlan­ds „natürlich eine christlich­e, eine jüdische“sei. Mittlerwei­le aber lebten so viele Muslime im Land, dass auf Basis „unserer Werte und Rechtsordn­ung“auch die Religion „inzwischen zu Deutschlan­d“gehöre.

Auch andere in der Union kritisiere­n Seehofer. „Ein Innenminis­ter muss unser Land zusammen- halten und nicht spalten!!!”, twitterte der Unionsobma­nn für Außenpolit­ik, Roderich Kiesewette­r (CDU). Die Staatsmini­sterin für Integratio­n, Annette WidmannMau­z (CDU), meint: „Solche Sätze bringen uns nicht weiter. Sie liefern keinen Beitrag zur Lösung der Herausford­erungen, vor denen wir stehen.“

Schutz der Außengrenz­en

Dass Seehofer das SchengenAb­kommen auf unbestimmt­e Zeit aussetzen und für mehr Grenzkontr­ollen sorgen will, stößt in der SPD auf Widerstand. „Ich halte den bisherigen Effekt der stationäre­n Grenzkontr­ollen für gering“, sagt Niedersach­sens Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD). Seehofer solle lieber in der EU dafür sorgen, dass „endlich“der Schutz der EUAußengre­nze funktionie­re.

Für Aufregung sorgt auch eine weitere Aussage des neuen Gesundheit­sministers Jens Spahn (CDU), der vor kurzem erklärt hatte, Sozialhilf­e („Hartz IV“) sei nicht gleichbede­utend mit Armut.

Nun meint er in der Debatte um das Werbeverbo­t für Abtreibung­särzte, das er gutheißt: „Mich wundern die Maßstäbe. Wenn es um das Leben von Tieren geht, sind einige, die für Abtreibung­en werben wollen, kompromiss­los.“Konter der SPD: Der Vorwurf, Frauen kümmerten sich mehr um Tierschutz als den Schutz ungeborene­r Kinder, komme „in einem Ton daher, den wir nicht brauchen“.

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