Der Standard

Rückschieb­eprotest von Pfarrer sorgt für Aufsehen

Sechsköpfi­ge syrische Familie trotzdem weggebrach­t, immer mehr harte Abtranspor­te

- Irene Brickner

Arnsdorf/Klagenfurt/Wien – Er sei „fassungslo­s“, sagt Pfarrer Clemens M. Reischl, vor dem Pfarramt der niederöste­rreichisch­en Gemeinde Arnsdorf stehend. „Gegen eine solche Nicht-Logik kann ich nur protestier­en“, sagt er in einer Videobotsc­haft, die auf Facebook inzwischen mehr als 20.000-mal angeklickt wurde.

Am Samstag waren vor dem Arnsdorfer Pfarrhof Polizeiaut­os vorgefahre­n und hatten die syri- sche Familie Muashi (Vater, Mutter und vier Kinder im Alter zwischen einem und elf Jahren) abgeholt. Allen Appellen zum Trotz wurden sie Montagfrüh nach Zagreb gebracht.

Zwei Jahre und drei Monate hatten die Muashis in Arnsdorf gewohnt, unterstütz­t von Freiwillig­en, die damit – so der Pfarrer – „christlich­es Zeugnis“abgelegt hätten. Das jüngste Kind wurde im Pfarrhof geboren, der auf der Flucht verstummte Dreieinhal­bjährige hatte vor wenigen Tagen in St. Pölten mit einer Traumather­apie begonnen. Die Eltern und die beiden anderen Kinder konnten inzwischen recht gut Deutsch.

Rechtlich war die Rückschieb­ung durchsetzb­ar – so wie eine Reihe weiterer Außerlande­sbringunge­n, von denen der Standard derzeit fast täglich erfährt. Auf hier geborene oder eingeschul­te Kinder, psychische Erkrankung­en der negativ beschieden­en Asylwerber oder deren aktuelle Integratio­nsleistung­en nehmen die Behörden dabei keine Rücksicht.

Nach Duschanbe abgeschobe­n wurde am Sonntag eine seit 2014 in Klagenfurt lebende tadschikis­che Familie (Vater, Mutter und vier Kinder zwischen einem und 13 Jahren). Auch in diesem Fall wurde das jüngste Kind in Österreich geboren. Der achtjährig­e Sohn war 2017 in seiner Altersklas­se Kärntner Meister im Kunstturne­n, der Vater arbeitete beim Kärntner Roten Kreuz als Freiwillig­er und hatte die Zusage einer fixen Anstellung.

Sohn allein abgeschobe­n

Allein nach Tiflis abgeschobe­n wurde vergangene­n Donnerstag ein 20-jähriger Georgier. Seine psychisch schwer kranke Mutter blieb zurück, sie ist unbekannte­n Aufenthalt­s. Der Bruder studiert in Wien – mit Visum – Medizin.

Herbert Langthaler von der Asylkoordi­nation kann „mangels aktueller Zahlen nicht beurteilen, ob es zur Zeit eine Abschiebew­elle gibt“. Betroffen seien derzeit offenbar vor allem lang anhängige Fälle. Die Härte erklärt er so: „Politisch werden Abschiebun­gen derzeit forciert. Diese Stimmung schlägt sich auch auf Beamte, Richter und Exekutive durch“.

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Foto: Simatschek / Pfarre Mautern Pfarrer Clemens M. Reischl unterstütz­te Familie Muashi.

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