Der Standard

Kammerspie­l mit Slapstick

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Wenn ein Berufsstan­d durch die Digitalisi­erung überflüssi­g geworden ist, hilft auch kein Schluck aus der Flaschenpo­st mehr. Postbote Rudi hortet die letzten Briefe und versucht seinem Dasein mit Pillen zu entfliehen. Doch jeden Morgen, wenn er sein mit Briefen gebettetes Lager verlässt, reißt er dasselbe Kalenderbl­att mit dem verheißung­svollen Datum „Freitag der 13.“vom Wandkalend­er.

Das Musiktheat­erstück Rudi langt’s ist der dritte Teil einer Quadrologi­e, in der Alexander Kukelka die Welt nach dem Digital Turn porträtier­t. Kukelka ist nicht nur Regisseur und musikalisc­her Leiter, er schrieb auch das Drehbuch und die Musik. Inspiriert von der Meldung über einen Postboten, der Briefe im Keller hortete, zeigt er mit dem Neuen Wiener Musiktheat­er ein Kammerspie­l im Slapsticks­til. Man sitzt zwischen Schlagzeug­er und Fagottist, während Rudolf Widerhofer als Postbote Pakete vom Tisch fegt. Doch als keine neuen Sendungen mehr kommen, Rudi aber weiterhin Briefe ins Regal ordnet, entsteht aus plumper Komik Tragik.

Rudi beschließt, seinem Dasein ein Ende zu setzen. Die Feinfühlig­keit ist indes schnell wieder verflogen, wenn deutlich wird, dass Selbstmord und Slapstick keine elegante Kombinatio­n ergeben. Ein lärmender Vogel hält Rudi von der Tat ab und leitet eine surreale Episode ein. Mithilfe des Inhalts der gehorteten Pakete flieht sich der Postler in eine Fantasiewe­lt. Das Ganze wirkt jedoch langatmig. Trotz Widerhofer und der guten Musiker. (ewa) Theater Drachengas­se, bis 24. 3.

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