Infight im Zollstreit mit USA
Der neue deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier setzte sich am Montag in Washington für eine Lösung im Zollstreit zwischen den USA und der EU ein. Parallel dazu sucht Kanzlerin Merkel internationale Gespräche.
Wien – Europa will den Handelskonflikt mit den USA beilegen. Federführend innerhalb der Union, zeigt nun die deutsche Bundesregierung Gesprächsbereitschaft. Schließlich ist der hohe Handelsbilanzüberschuss der Bundesrepublik Grund für Washingtons Ärger – die deutsche Industrie würde auch am stärksten unter einer Eskalation des Streits leiden.
Am Montag traf der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in Washington ein, um direkt mit US-Politikern über die prekäre Lage zu sprechen. Bei seinem Antrittsbesuch – nur einen Tag, bevor EU-Handelskommissarin Cecilia Malström nach Washington reist – soll Altmaier auch seinen US-Amtskollegen Wilbur Ross treffen. Bei dem Gespräch dürfte es um die jüngst von US-Präsident Donald Trump dekretierten US-Schutzzölle auf Stahl (25 Prozent) und Aluminium (zehn Prozent) gehen.
Sorge um Eskalation
Bisher hatte Trump – zumindest zeitlich befristet – Zollbefreiungen für Kanada, Mexiko und Australien gewährt. Deutschland drohte der US-Präsident hingegen mit hohen Strafzöllen auf Autoimporte, sollte die EU mit Gegenmaßnahmen auf seine Stahlzölle reagieren. Das würde Deutschland besonders hart treffen.
Folglich zeigte sich Altmaier im Vorfeld seiner Washington-Reise über eine Eskalation des Konflikts besorgt. „Würden Europa und die USA sich in einen Handelskrieg stürzen, würden Unternehmen und Verbraucher auf beiden Seiten durch höhere Preise die Zeche zahlen“, sagte der Wirtschaftsminister dem Handelsblatt am Montag: „Lachender Dritter wären Länder, die mit Dumpingpreisen ihren Vorteil suchen.“Tatsächlich setzten die EU und die USA bisher auf Anti-Dumping-Zölle gegen chinesischen Billigstahl – ein wesentlicher Grund, warum die Volksrepublik bereits vor den jüngsten Zöllen einen vergleichsweise geringen Marktanteil in den USA hat. Während solche AntiDumping-Maßnahmen mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) konform gehen, berief sich Trump auf eine andere Begründung für die neuen Zölle: Die nationale Sicherheit Amerikas stehe auf dem Spiel.
Dieser Sichtweise widerspricht die EU und drohte mit Gegenmaßnahmen wie Zölle auf Jeans und Bourbon und einer Klage vor der WTO. Bis die Handelsrichter zu einer Entscheidung kämen, könnten jedoch Jahre vergehen. Umso attraktiver für die europäische Ex- portwirtschaft wäre eine baldige Ausnahme von den US-Zöllen. Um Washington davon zu überzeugen, verweisen Europas Politiker auf das geballte Gewicht von 28 Mitgliedsstaaten: Altmaier warnte die US-Regierung davor, einen Keil in die EU zu treiben. „Wir sind eine Zollunion und handeln gemeinsam. Es kann nicht im Interesse der US-Regierung sein, Europa zu spalten, und es würde auch nicht gelingen.“Er stimme sich in der Sache eng mit EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström ab.
Als offizielle Stimme der EU trifft Malmström selbst einen Tag nach Altmaier am Dienstag in Washington ein. Sie soll während zweitägiger Gespräche die vor zwei Wochen begonnenen Verhandlungen über eine Zollausnahme für die EU fortsetzen. Ansprechpartner bleibt US-Handelsminister Wilbur Ross.
Parallel zu den Besuchen in Washington setzt Europas Spitzen- politik auf eine multilaterale Lösung. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel will im Schulterschluss mit den wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) den Handelsstreit entschärfen. In einem Telefonat mit Chinas Präsident Xi Jinping am Wochenende verabredete Merkel eine enge Zusammenarbeit zu dem Thema. Die Staatsoberhäupter seien sich darüber einig, dass künftig das Global Forum on Steel Excess Capacity, ein Gesprächsformat der G20 für Stahlüberkapazitäten, an einer Lösung arbeiten soll, wie die Bundesregierung mitteilte.
Die Uhr tickt. Am Wochenende gab Washington bekannt, dass ab Montag Anträge von einzelnen US-Unternehmen auf Ausnahmen von den Zöllen angenommen würden. Eine derartige Bewilligung könne bis zu 90 Tage dauern. Die zuständige Behörde erwartet rund 4500 Anträge. Die neuen Stahl- und Aluzölle sollen ab Freitag erstmals erhoben werden.