Der Standard

Gaddafi- Sohn meldet sich auf politische­r Bühne zurück

Saif al-Islam will für die Präsidents­chaftswahl­en in Libyen kandidiere­n, die noch heuer stattfinde­n sollen

- Astrid Frefel aus Kairo

In den kommenden Tagen will sich Saif al-Islam al-Gaddafi, der Sohn von Libyens Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi, selbst an seine Landsleute wenden und seine Pläne erklären. Doch schon am Dienstag haben seine Anwälte in Tunis angekündig­t, dass Saif die Absicht habe, für die Präsidents­chaftswahl­en 2018 zu kandidiere­n. Er tue das nicht, um die Macht zu erlangen, sondern um dem Land Friede und Stabilität zurückzubr­ingen, erklärten sie. Der 45Jährige war der prominente­ste und einflussre­ichste Sohn Gaddafis und wurde als dessen Nachfolger gehandelt. Er ist seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis in Zintan im Sommer des vergangene­n Jahres nie öffentlich aufgetrete­n. Der Internatio­nale Gerichtsho­f verlangt seine Auslieferu­ng.

Wahl unter Uno-Aufsicht

Saif al-Islam ist nach Aref Nayed, dem ehemaligen libyschen Botschafte­r in den Arabischen Emiraten, die zweite Persönlich­keit, die ihre Kandidatur für die Präsidents­chaftswahl­en anmeldet. Diese finden gegen Jahresende statt. Die Wählerregi­strierung ist bereits im Gange und der UnoVermitt­ler Ghassan Salameh ist seit Monaten in intensiven diplomatis­chen Konsultati­onen darum bemüht, die Voraussetz­ungen in dem gespaltene­n Land zu schaf- fen. Er muss die beiden Machtblöck­e in Tobruk und Tripolis dazu bringen, Änderungen in der politische­n Verständig­ung von 2015 gutzuheiße­n, damit Regierung und Präsidialr­at umgebildet werden können. Damit könnte die Blockade aufgebroch­en und die wichtigste­n Institutio­nen wie Nationalba­nk oder nationale Ölgesellsc­haft wieder vereint werden.

Eine breit angelegte Nationale Konferenz soll dann den weiteren politische­n Fahrplan bestimmen. Diese Woche haben nun über 100 gewählte Vertreter von Städten und Gemeinden verlangt, dass die Justiz durchgreif­e, wenn die bei- den Parlamente nicht endlich den Weg frei machen.

Salameh hat mehrfach betont, dass keine Gruppierun­g von diesem politische­n Prozess ausgeschlo­ssen werden darf. Er hat dazu auch Kontakt mit Loyalisten des 2011 blutig gestürzten Gaddafi-Regimes aufgenomme­n. Viele leben auch heute noch im Exil in Tunesien und in Ägypten. Sie sind allerdings eine sehr heterogene Gruppe. Unter ihnen gibt es Anhänger von Saif al-Islam, andere unterstütz­ten General Khalifa al-Haftar und seine militärisc­hen Ambitionen. Einem dritten orthodoxen Flügel schwebt ein Wieder- aufleben der alten Jamahariya vor, der von Gaddafi erfunden Staatsform. Wie groß der Rückhalt von Gaddafi-Loyalisten im Land ist, ist schwer abzuschätz­en. Da es keinen neuen politische­n Parteien gelungen ist, sich landesweit zu etablieren und das Land erfolgreic­h zu führen, gibt es bestimmt einen Trend hin zur Vergangenh­eit. Vor allem unter den großen Stämmen sind Gaddafi-Anhänger immer noch stark verankert.

Akzeptanz nimmt zu

Die Tatsache, dass Saif al-Islam eine Kampagne startet, zeigt, dass die Gaddafi-Loyalisten die neue Ordnung nun akzeptiere­n. General Haftar hat kürzlich seine Anhänger ebenfalls aufgerufen, sich auf Wahlen vorzuberei­ten. Es wird von Beobachter­n als gutes Zeichen gewertet, dass sieben Jahre nach Chaos und blutigen Kämpfen von wichtigen Akteuren doch eine friedliche Lösung angestrebt wird. Voraussetz­ung für Wahlen ist nicht nur ein politische­r Fahrplan, sondern vor allem auch eine Verständig­ung der konkurrier­enden Sicherheit­sorgane.

Seit Sonntag treffen sich unter ägyptische­r Vermittlun­g in Kairo hochrangig­e Offiziere beider Seiten zu einer sechsten Gesprächsr­unde. Die Verhandlun­gen mit dem Ziel, die Armeen beider Landesteil­e zu vereinen, kommen nach den Worten von Präsident Fayaz al-Serraj gut voran.

 ??  ?? Vergangene­s Jahr kam Saif al-Gaddafi nach einer Generalamn­estie des Parlaments in Tobruk frei. 2015 war er zum Tode verurteilt worden.
Vergangene­s Jahr kam Saif al-Gaddafi nach einer Generalamn­estie des Parlaments in Tobruk frei. 2015 war er zum Tode verurteilt worden.

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