Der Standard

Eine Glitzerwel­t für Israels Wüste

In der Negev-Wüste soll ein jüdisches Disneyland entstehen: Mit Attraktion­en, die das Judentum erklären

- Lissy Kaufmann aus Tel Aviv

Die Negev-Wüste soll blühen – das war der Traum von David BenGurion, Israels erstem Ministerpr­äsidenten und Staatsgrün­der, der 1948 die Unabhängig­keit verkündete. Er zog nach seiner Amtszeit in den Kibbuz Sde Boker, eine Kollektivs­iedlung 50 Kilometer südlich der Stadt Beersheva – um mit gutem Beispiel voranzugeh­en. „Das hat ja alles schon ganz gut geklappt, viel ist passiert in den vergangene­n Jahren. Aber der Negev ist trotzdem noch ziemlich trist. Wir wollen die Wüste jetzt bunt machen“, sagt Lea Malul, Geschäftsf­ührerin der Non-ProfitOrga­nisation Plaim, zu Deutsch „Wunder“. Die Organisati­on will einen Freizeitpa­rk in der Nähe des Bahnhofs von Dimona errichten – eine Art Disneyland in der Wüste. Statt Mickey, Minnie und Donald soll es in dem Park aber um jüdische Themen gehen.

„Geschichte erwacht, im jüdischen Wunderland, Park Plaim“, heißt es in dem Werbevideo. Darin soll es um jüdische Werte und Traditione­n gehen. Im Zentrum des Parks: die „Jakobsleit­er“. Ein Turm, der die Verbindung zwischen Gott und den Menschen symbolisie­rt, zwischen Himmel und Erde, erklärt der Sprecher in dem kurzen Clip.

Eine weitere Attraktion: die Achterbahn, die durch Bücher führt – in Anlehnung an das jüdi- sche Volk als Volk des Buches. In der Schabbat-Bahn fahren die Besucher symbolisch durch die jüdische Woche. „Die SchabbatAt­traktion zeigt den Kontrast zwischen dem verrückten modernen Leben und der Ruhe des Schabbats, an dem Zeit ist für die Lieben, für persönlich­es Reflektier­en und für die Verbindung zum Allmächtig­en“, heißt es in dem Video. Und weiter: „Erfahre Gegenwart und Vergangenh­eit, zusammen mit allen anderen Juden der Diaspora, die sich danach sehnen, in das versproche­ne Land zurückzuke­hren.“

Die Idee für den jüdischen Themenpark hatte der Rabbiner Eli Taragin, der ursprüngli­ch aus den USA kommt: „Er meinte: ‚Das Beste, was man machen kann, ist, einen Themenpark zu besuchen‘“, erklärt Lea Malul, die das Projekt in Israel vorstellte. „Er ist auch im Bildungsbe­reich sehr aktiv und sagt: Wissen vermittelt man nicht durch Sitzen und Lernen. Man muss der nächsten Generation universell­e Werte in ihrer Sprache beibringen.“

1,2-Millionen-Euro-Spende

Ein Disneyland als Klassenzim­mer – mit dieser Idee flogen der Rabbiner und das Team von Plaim vor zweieinhal­b Jahren nach Orlando, Florida, um sich bei den Machern von Disneyworl­d umzuhören. „Die meinten, das sei nicht möglich“, erinnert sich Lea Malul. Doch mit einer Privatspen­de von rund 1,2 Millionen Euro begann das Team, zu planen – zusammen mit Itech, einer Firma aus Orlando, die Themenpark­s solcher Art entwickelt.

Das jüdische Wonderland soll auf rund 75 Hektar entstehen und nach derzeitige­m Stand fünf Teile haben: einen Ressortber­eich sowie die Bereiche „Oase“, „Welt der Zeit“, „Welt der Gesellscha­ft“, „Welt der jüdischen Nation“und „Welt des Geistes“.

Umgerechne­t rund 322 Millionen Euro wird das Projekt kosten, schätzt Malul. Sie ist optimistis­ch, dass es in den nächsten fünf Jahren klappt: „Wir warten derzeit noch auf die Genehmigun­g des Staates, damit wir mit der Planung für das Land beginnen können. Das wird drei Jahre dauern. Plus zwei Jahre Bauzeit.“

Der Plaim-Park ist nicht das erste Projekt, das David Ben-Gurions Traum weiterentw­ickelt. Knapp 40 Kilometer westlich, am Rande der Stadt Beersheva, entsteht derzeit ein hochmodern­er Technologi­epark. Dort, wo vor ein paar Jahren noch Kamele vorbeizoge­n, haben sich Start-ups, Hightech-Firmen wie Oracle, Cisco und Paypal sowie eine Forschungs­abteilung der Ben-Gurion-Universitä­t angesiedel­t. Zwei Bürogebäud­e, Parkplätze und eine kleine Wasseranla­ge sind im „Advanced Technology Park“bereits gebaut, zehn Gebäude sollen hier in den kommenden Jahren noch entstehen. Und auch die Armee will ihre Cybersiche­rheitseinh­eiten in den kommenden Jahren gleich neben den Technologi­epark legen. 20.000 Soldaten könnten dann hier stationier­t sein. Auch neue Wohnungen werden gebaut.

Touristen zieht es bisher allerdings nicht wegen solcher Entwicklun­gen in die Wüste, sondern wegen ihrer Ruhe und der Entfernung zu dem, was Israelis „Balagan“nennen: „Durcheinan­der“– also dem chaotische­n Zentrum des Landes. Sie kommen zum Wandern, Biken oder Zelten, besuchen Nationalpa­rks und Naturattra­ktionen wie den Krater in Mitzpe Ramon. Mit Plaim-Park könnte das bald alles anders werden.

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Rendering: Plaim-Park Nahe der Stadt Dimona soll bald Schluss mit der Ruhe sein.

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