„Energetische Leistungen“im KAV kein Einzelfall
Anfang der 2000er-Jahre hatte der Wiener KAV bereits „energetische Leistungen“beauftragt. Andere Kliniken setzen auf Grander-Wasser. Rot-Grün in Wien beantragte zum KH Nord eine U-Kommission.
Wien – Am Dienstag kündigte auch die Volksanwaltschaft eine Prüfung des „Esoterikskandals“beim Wiener Krankenhaus Nord an. In einer Aussendung sagte Volksanwalt Günther Kräuter, dass er auch Aufklärung über weitere „energetische Leistungen“in Einrichtungen der Stadt Wien fordere. So seien ab Anfang der 2000erJahre im Otto-Wagner-Spital, in der Generaldirektion des städtischen Krankenanstaltenverbunds (KAV) und weiteren Häusern Metallwellen von „Geo Waves“installiert worden – zur „Stärkung der körpereigenen Energie, zur Steigerung der Raumqualität und zur Harmonisierung von geopathischen Störzonen“.
Ein KAV-Sprecher bestätigte dem STANDARD diese Anschaffungen. Gesamtkosten könnten aufgrund verschiedener Abrechnungen „nicht genannt werden“. Ab 2005 seien diese Anschaffungen gestoppt worden, vereinzelt gebe es die Produkte „in einigen Häusern des KAV“aber noch immer. Die aktuelle KAV-Führung distanziere sich jedenfalls „von derartigen Produkten und der behaupteten Wirkung“.
Auch im Landeskrankenhaus Salzburg wurden diese Metallwellen vor rund 15 Jahren angeschafft, auf der Website des Unternehmens Geo Wave stehen zahl- reiche weitere Gesundheitseinrichtungen als Referenzen.
Andere Landeskliniken setzen stolz auf Grander-Wasser. Das Landesklinikum Baden etwa machte dazu 2006 sogar eine Aussendung zum „energetisierten“Grundwasser in seiner Einrichtung. Auch im Landesklinikum Deutschlandsberg fließt GranderWasser durch die Leitungen. Im Spital in Steyr wurde bis vor kurzem noch auf der Website explizit darauf hingewiesen, dass Grander-Wasser angeboten wird, dieser Satz ist aber mittlerweile von der Website verschwunden.
Die Beauftragung eines „Bewusstseinsforschers“für das Krankenhaus Nord um einen Auftragswert von 95.000 Euro hat für die involvierten Personen Konse- quenzen. Die Programmleiterin des Spitals und ihr Stellvertreter wurden ihrer Funktionen enthoben und am Montag beurlaubt. Disziplinarrechtliche Schritte würden geprüft, sagte Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, GeneraldirektorinStellvertreterin im KAV.
Die Rechnung selbst wurde neben diesen zwei Personen laut KAV-Direktor Herwig Wetzlinger auch von einer einst ranghohen Projektmitarbeiterin und dem zweiten Stellvertreter der Projektleiterin unterschrieben.
Die Projektmitarbeiterin Sylvia Schwarz war seit 2010 ärztliche Direktorin des KH Nord, nach ihrer Pensionierung Anfang 2017 wurde sie externe Beraterin des Spitals. Der Beratervertrag mit Schwarz wurde am Montag ruhend gestellt. Schwarz ist auch Präsidentin des im Gesundheitsministerium angesiedelten Obersten Sanitätsrats. Am Montag erklärte Schwarz ihren Rücktritt.
Der zweite Stellvertreter der Projektleiterin im KH Nord, der als vierte Person die Rechnung für den Energie-Schutzring mitunterschrieben hat, übernimmt hingegen interimistisch die Projektleitung. Die Verdachtsmomente gegen ihn „haben sich im Zuge der Befragung nicht erhärtet“, hieß es aus dem KAV.
„Steuergeld für Humbug“
Man habe „Steuergeld für so einen Humbug hinausgeschmissen“, sagte Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ). Am Dienstag gab die rot-grüne Stadtregierung bekannt, zum gesamten Komplex KH Nord eine U-Kommission einzurichten. Diese solle „sehr bald“ihre Tätigkeit aufnehmen, sagte SPÖ-Wien-Chef Michael Ludwig.
In der Affäre um den EnergieRing wurde eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Laut Wetzlinger werde geprüft, ob die Auftragssumme vom „Bewusstseinsforscher“zurückgefordert werden könnte. Mit Schadenersatzforderungen könnten auch die Mitarbeiter im KAV konfrontiert werden, die den Energetiker beauftragt haben. Das sei dann ein Thema, wenn von der Staatsanwaltschaft ein strafrechtlicher Tatbestand festgestellt werde, sagte Wetzlinger.