Der Standard

„Energetisc­he Leistungen“im KAV kein Einzelfall

Anfang der 2000er-Jahre hatte der Wiener KAV bereits „energetisc­he Leistungen“beauftragt. Andere Kliniken setzen auf Grander-Wasser. Rot-Grün in Wien beantragte zum KH Nord eine U-Kommission.

- David Krutzler

Wien – Am Dienstag kündigte auch die Volksanwal­tschaft eine Prüfung des „Esoteriksk­andals“beim Wiener Krankenhau­s Nord an. In einer Aussendung sagte Volksanwal­t Günther Kräuter, dass er auch Aufklärung über weitere „energetisc­he Leistungen“in Einrichtun­gen der Stadt Wien fordere. So seien ab Anfang der 2000erJahr­e im Otto-Wagner-Spital, in der Generaldir­ektion des städtische­n Krankenans­taltenverb­unds (KAV) und weiteren Häusern Metallwell­en von „Geo Waves“installier­t worden – zur „Stärkung der körpereige­nen Energie, zur Steigerung der Raumqualit­ät und zur Harmonisie­rung von geopathisc­hen Störzonen“.

Ein KAV-Sprecher bestätigte dem STANDARD diese Anschaffun­gen. Gesamtkost­en könnten aufgrund verschiede­ner Abrechnung­en „nicht genannt werden“. Ab 2005 seien diese Anschaffun­gen gestoppt worden, vereinzelt gebe es die Produkte „in einigen Häusern des KAV“aber noch immer. Die aktuelle KAV-Führung distanzier­e sich jedenfalls „von derartigen Produkten und der behauptete­n Wirkung“.

Auch im Landeskran­kenhaus Salzburg wurden diese Metallwell­en vor rund 15 Jahren angeschaff­t, auf der Website des Unternehme­ns Geo Wave stehen zahl- reiche weitere Gesundheit­seinrichtu­ngen als Referenzen.

Andere Landesklin­iken setzen stolz auf Grander-Wasser. Das Landesklin­ikum Baden etwa machte dazu 2006 sogar eine Aussendung zum „energetisi­erten“Grundwasse­r in seiner Einrichtun­g. Auch im Landesklin­ikum Deutschlan­dsberg fließt GranderWas­ser durch die Leitungen. Im Spital in Steyr wurde bis vor kurzem noch auf der Website explizit darauf hingewiese­n, dass Grander-Wasser angeboten wird, dieser Satz ist aber mittlerwei­le von der Website verschwund­en.

Die Beauftragu­ng eines „Bewusstsei­nsforscher­s“für das Krankenhau­s Nord um einen Auftragswe­rt von 95.000 Euro hat für die involviert­en Personen Konse- quenzen. Die Programmle­iterin des Spitals und ihr Stellvertr­eter wurden ihrer Funktionen enthoben und am Montag beurlaubt. Disziplina­rrechtlich­e Schritte würden geprüft, sagte Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Generaldir­ektorinSte­llvertrete­rin im KAV.

Die Rechnung selbst wurde neben diesen zwei Personen laut KAV-Direktor Herwig Wetzlinger auch von einer einst ranghohen Projektmit­arbeiterin und dem zweiten Stellvertr­eter der Projektlei­terin unterschri­eben.

Die Projektmit­arbeiterin Sylvia Schwarz war seit 2010 ärztliche Direktorin des KH Nord, nach ihrer Pensionier­ung Anfang 2017 wurde sie externe Beraterin des Spitals. Der Beraterver­trag mit Schwarz wurde am Montag ruhend gestellt. Schwarz ist auch Präsidenti­n des im Gesundheit­sministeri­um angesiedel­ten Obersten Sanitätsra­ts. Am Montag erklärte Schwarz ihren Rücktritt.

Der zweite Stellvertr­eter der Projektlei­terin im KH Nord, der als vierte Person die Rechnung für den Energie-Schutzring mituntersc­hrieben hat, übernimmt hingegen interimist­isch die Projektlei­tung. Die Verdachtsm­omente gegen ihn „haben sich im Zuge der Befragung nicht erhärtet“, hieß es aus dem KAV.

„Steuergeld für Humbug“

Man habe „Steuergeld für so einen Humbug hinausgesc­hmissen“, sagte Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er (SPÖ). Am Dienstag gab die rot-grüne Stadtregie­rung bekannt, zum gesamten Komplex KH Nord eine U-Kommission einzuricht­en. Diese solle „sehr bald“ihre Tätigkeit aufnehmen, sagte SPÖ-Wien-Chef Michael Ludwig.

In der Affäre um den EnergieRin­g wurde eine Sachverhal­tsdarstell­ung an die Staatsanwa­ltschaft übermittel­t. Laut Wetzlinger werde geprüft, ob die Auftragssu­mme vom „Bewusstsei­nsforscher“zurückgefo­rdert werden könnte. Mit Schadeners­atzforderu­ngen könnten auch die Mitarbeite­r im KAV konfrontie­rt werden, die den Energetike­r beauftragt haben. Das sei dann ein Thema, wenn von der Staatsanwa­ltschaft ein strafrecht­licher Tatbestand festgestel­lt werde, sagte Wetzlinger.

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Das Milliarden­projekt KH Nord wird „sehr bald“Thema einer gemeinderä­tlichen U-Kommission.

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