Der Standard

Der „Gachzurnig­e“und das Auto

20-Jähriger im Dauerclinc­h mit 43 Jahre alter Freundin

- Michael Möseneder

Wien – Der Prozess gegen Patrik D. ist einer jener Fälle, bei denen man nicht genau weiß, ob man fassungslo­s oder eher belustigt sein soll. Auch Richter Daniel Potmesil und Staatsanwä­ltin Alexandra Müller scheinen zu schwanken, als sie im Laufe des Verfahrens Einblick in die Lebensreal­itäten in Wien-Favoriten bekommen.

D. ist vierfach vorbestraf­t, das erste Mal saß der 20-Jährige mit 15 wegen Vergewalti­gung acht Monate im Gefängnis. Heute sitzt er wegen Körperverl­etzung, Nötigung, gefährlich­er Drohung und Sachbeschä­digung hier, bei einer Verurteilu­ng droht auch der Widerruf von zweieinhal­b Jahren offener Vorstrafen.

Alle der nun angeklagte­n Delikte von 2017 drehen sich um die Beziehung zu seiner Freundin. Seiner ersten, wie der Arbeitslos­e sagt: Natascha R., 43 Jahre, zwei Kinder und Autobesitz­erin. Der Wagen scheint der Hauptleidt­ragende der Partnersch­aft zu sein. D. hat schon beide Außenspieg­el und eine Tür beschädigt, auch sonst droht er immer wieder, das Fahrzeug „zu demolieren“.

D. bietet aber eine Entschuldi­gung für sein Verhalten: „Ich leide an ADHS“, betont er. „Das führt aber normalerwe­ise nicht dazu, dass man Sachen kaputtmach­t“, merkt der Richter an. „Ja, aber ich zucke deshalb immer aus“, ist der Angeklagte überzeugt. „Wie wür- den Sie Ihre Beziehung beschreibe­n?“, will Potmesil wissen. „Jetzt besser als früher.“– „Und wie war sie früher, also 2017?“– „Scheiße.“– „Und warum trennen Sie sich nicht?“– „Das ist schwer zu erklären.“

Auch Natascha R. kann keine Antwort geben. „Warum tun Sie sich das überhaupt noch an?“, fragt Anklägerin Müller die Zeugin. „Es war im Februar eine Verhandlun­g wegen einem Außenspieg­el.“– „Das war jetzt keine Antwort.“– „Seit einem Monat fruchtet die Therapie.“An Teile der Vorfälle kann sich R. gar nicht mehr erinnern, beispielsw­eise die auf der Straße im Gehen gebrüllte Drohung: „Jetzt bring ich euch alle um.“Erst auf Potmesils Nachbohren bestätigt sie, D. habe „das einmal erwähnt“.

Ein 63-jähriger Nachbar, der D. nach einer Sachbeschä­digung zur Rede gestellt und von diesem mit „I stich di o, du blade Sau“bedroht wurde, bricht eine Lanze für den 20-Jährigen. „Er is a Gachzurnig­er. A Häferl hoid, wia ma auf Deitsch sogt“, meint der Exboxer, man dürfe das nicht ernst nehmen.

„Vielleicht ist die Beziehung nicht die richtige, wenn Sie jemand immer so in Rage bringt?“, erlaubt sich Müller einen Tipp an den Angeklagte­n. Potmesil stimmt zu, spricht D. aber nicht rechtskräf­tig von den meisten Vorwürfen frei und verzichtet wegen des Außenspieg­els auf eine Zusatzstra­fe zum Urteil im Februar.

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Foto: Zoom-Kindermuse­um Die aktuelle Ausstellun­g richtet sich an Sechs- bis Zwölfjähri­ge.

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