Der Standard

Jobvermitt­ler tun sich bei Ausländern schwer

Interner Bericht zeigt Probleme bei Beratung, AMS spricht von Einzelfäll­en

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Wien – Darf ein Berater des Arbeitsmar­ktservice (AMS) einer Kundin raten, das Kopftuch in der Arbeit abzulegen? Darf einer vollversch­leierten Frau das Beratungsg­espräch verweigert werden? Diese und andere Fragen stellen sich Mitarbeite­r des AMS bei der Betreuung von Arbeitslos­en mit nichtdeuts­cher Mutterspra­che. Immer wieder gebe es Unsicherhe­iten und Probleme bei der Betreuung, wie aus einem internen Revisionsb­ericht des AMS hervorgeht.

Darin schildern Mitarbeite­r, dass schlechte Deutschken­ntnisse sowie religiöse und kulturelle Unterschie­de die Integratio­n erschweren. Familienan­gehörige würden zum Teil als Dolmetsche­r eingesetzt werden, wodurch Informatio­nen im Gespräch verlorenge­hen könnten. Einige Kunden des AMS würden sich auf Passagen des Korans berufen, was eine Vermittlun­g unmöglich mache. Es herrsche eine „übereinsti­mmende Wahrnehmun­g“, dass die Betreu- ung bei Tschetsche­nen schwierig sei. So seien sie in Reinigungs­berufe nicht vermittelb­ar, weil die Aufgabe des Putzens Frauen zugeschrie­ben werde. Unter Muslimen würden Väter und Ehemänner die Integratio­n behindern.

Knapp 50 Seiten umfasst der Bericht zu der Untersuchu­ng, die von zwei Revisionsm­itarbeiter­n des AMS im Juni 2017 durchgefüh­rt wurde. Untersucht wurden Geschäftss­tellen in Oberösterr­eich, Salzburg, Vorarlberg und Wien, weil dort der Anteil an Ausländern unter den Betreuten am höchsten sei, heißt es vom AMS auf STANDARD- Anfrage. In Wien haben 61 Prozent der Kunden des AMS Migrations­hintergrun­d.

Herausgefu­nden werden sollte, ob Migranten beim AMS schlechter betreut werden als Inländer und ob sie bei der Jobsuche diskrimini­ert werden. Hinweise dafür wurden keine gefunden. Die AMS-Führung, die im Bericht genannt wird, bietet den Mitarbeite­rn „Schulungen zum interkultu- rellen Verständni­s an“. Vielen Beratern falle es offenbar schwer, „zwischen Wahrnehmun­g und Vorurteil zu unterschei­den“.

Nicht repräsenta­tiv

Laut AMS kommen in dem Bericht nur Einzelbeob­achtungen von Mitarbeite­rn vor, von Repräsenta­tivität könne nicht gesprochen werden. Dass die Integratio­n von Menschen aus anderen Kulturen gewisse Herausford­erungen mit sich bringe, liege laut AMS auf der Hand. Ziel sei es, auf die schwierige Integratio­n entspreche­nd zu reagieren.

Die Maßnahmen, die aus den Gesprächen hervorging­en, seien bereits umgesetzt worden, an die AMS-Berater seien entspreche­nde Handlungsa­nweisungen übermittel­t worden, etwa, was zu tun ist, wenn ein Antragstel­ler auf einen männlichen Berater besteht. Generell handele es sich um ein schwierige­s Spannungsf­eld zwischen Integratio­n und Religionsf­reiheit. (jp)

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