Der Standard

Riskanter roter Alleingang

- Nina Weißenstei­ner

Die gute Nachricht zum Tag: Wegen des blauen Treibens gegen das Bundesamt für Verfassung­sschutz richtet Rot einen U-Ausschuss im Parlament ein. Nun zum schlechten Teil der Frohbotsch­aft: Die SPÖ, bis vor kurzem Kanzlerpar­tei und oft alles andere als geschickt bei der Aufklärung im Hohen Haus, will die Untersuchu­ng im Alleingang betreiben und nutzt dafür ihre verblieben­e Stärke im Nationalra­t. Weil die Sozialdemo­kraten mehr als ein Viertel der Abgeordnet­en stellen, können und wollen sie die Dramaturgi­e im U-Ausschuss bestimmen – von A wie Aktenforde­rung bis Z wie Zeugenladu­ng – und verzichten damit dankend auf ein Mitsprache­recht der Neos und der Liste Pilz.

Doch bei allem Verständni­s dafür, dass die SPÖ diesmal nicht dem U-Ausschuss-Veteranen Peter Pilz, der nach seiner Auszeit wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigun­g in das Gremium drängt, die Rolle des Chefaufdec­kers überlassen will: Durch das Pochen auf seine Rechte als starke Minderheit verzichtet Rot auf das Know-how der anderen Opposition­sparteien – und läuft damit Gefahr, bald von den Koalitionä­ren aufgeriebe­n zu werden.

Denn wer den U-Ausschuss einrichtet, der muss liefern. Doch im Eurofighte­r-Gremium im Vorjahr, das zuerst vom damaligen roten Heeresmini­ster Hans Peter Doskozil mit Pilz, dann auch von der FPÖ forciert wurde, brachte die SPÖ das Kunststück zusammen, dass vor allem Doskozils Vorgänger Norbert Darabos mit seinem Abfangjäge­rdeal in die Kritik geriet. Der Beschaffun­gsvorgang unter Schwarz-Blau – wegen der Betrugsanz­eige unter Doskozil wieder verdächtig geworden – konnte wegen der vorhersehb­aren Coolingoff-Phase vor Neuwahlen kaum noch durchleuch­tet werden.

Auch bemerkensw­ert: Von den roten U-AusschussM­itgliedern damals wirkte nur Daniela Holzinger wirklich engagiert – doch die hat mittlerwei­le bei Pilz angeheuert.

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