Der Standard

Aufatmen nach dem „Annus horribilis“

Gut gelaufen ist für die Fondsbranc­he das Vorjahr nach dem „Ausrutsche­r“2016, als Mittelzufl­üsse fast ausgeblieb­en waren. Aber auch 2017 hat aus ihrer Sicht einen Makel: Der Marktantei­l passiver Indexfonds legte weiter zu.

- Alexander Hahn

Wien– Einem aktiven Mitbewerbe­r hätte er umgehend persönlich gratuliert, aber dass er sich im Vorjahr einem Indexfonds geschlagen geben musste, habe ihn „natürlich gewurmt“. Heuer hat es Fondsmanag­er Alois Wögerbauer wieder geschafft und bei den Morningsta­r-Fondsaward­s für 3 BankenGene­rali Investment den Preis für den besten Österreich-Aktienfond­s an Land gezogen (siehe Seite 15). Doch was sich bei Wögerbauer bloß nach einer sportliche­n Herausford­erung anhört, ist für die Branche der aktiv gemanagten Fonds deutlich mehr als das – ihr sitzen passive Indexvehik­el nämlich seit Jahren im Nacken.

Diese bilden im Grunde starr diverse Aktien-, Anleihen- oder Rohstoffin­dizes ab, was deutlich weniger Kosten erzeugt als bei aktiven Fonds. Denn sowohl das Management als auch die dahinter stehende Research kosten Geld, das letztlich die Kundschaft aufbringen muss. Die Krux an der Sache: Etliche aktive Manager schaffen es nicht, den jeweiligen Vergleichs­index dauerhaft zu übertreffe­n – womit passive Indexfonds aus Anlegersic­ht die bessere, weil kostengüns­tigere Wahl wären.

Eine entspreche­nde Entwicklun­g ist seit geraumer Zeit am Fondsmarkt auch zu beobachten, nämlich stetig steigende Marktantei­le von Indexprodu­kten, die in börsennoti­erter Variante auch als Exchange Traded Funds (ETFs) bezeichnet werden. Laut Daten des Fondsanaly­sehauses Morningsta­r hat sich der Anteil passiver Produkte am gesamten Kuchen in Europa im Vorjahr um einen Prozentpun­kt auf 16 Prozent erhöht, Tendenz sukzessive zunehmend. Im Jahr 2008 war dieser Wert noch knapp unter zehn Prozent gelegen. „Es ist keine mutige Prognose, dass wir in ein paar Jahren einen höheren Anteil an Indexfonds haben werden, wenn diese Dynamik anhält“, sagt Ali Masarwah, Chefredakt­eur der Morningsta­r-Publikatio­nen.

Dominant sind diese bereits mit 76 Prozent der gesamten verwaltete­n Vermögen aller Rohstofffo­nds. „Das ist schon eine ziemliche Hausnummer“, merkt Marsawah an. Damit dürfte der Plafond allerdings noch gar nicht erreicht sein, denn von den Mittelzufl­üssen des Vorjahrs gingen sogar knapp 83 Prozent an passive Rohstoffpr­odukte.

Bei Aktien ein Viertel passiv

Eine ähnliche Entwicklun­g, wenngleich auf tieferem Niveau, ist auch bei Aktienfond­s zu beobachten. Im Vorjahr betrug der Marktantei­l sogenannte­r Indextrack­er von Dax, Dow oder ATX insgesamt 26 Prozent, sie konnten dabei aber 60 Prozent der Mittelzufl­üsse für sich verbuchen. Weniger dramatisch ist die Lage bei Rentenprod­ukten, wo die passive Konkurrenz zwölf Prozent für sich verbuchen kann, während sie bei Mischfonds auf einen verschwind­end geringen Marktantei­l von 0,1 Prozent kommt.

In diesem Bereich lauert die Bedrohung freilich in einer anderen Ecke, nämlich durch sogenannte Robo-Advisors. Dabei handelt es sich im Grunde um automatisi­erte Online-Anlagebera­tung, die Asset Allocation übernimmt – und zumeist mittels ETFs in die Tat umsetzt. Dabei ist diese PortfolioA­ufteilung auf Anlageklas­sen wie Aktien und Anleihen eigentlich Kompetenz von Mischfonds-Managern. Marsawah sieht dieses Thema allerdings anders: „RoboAdviso­rs finde ich interessan­t“, sagt er, „weil es die sind, die den Privatbank­en Angst machen sollten.“

Trotz abnehmende­r Marktantei­le war das Jahr 2017 aber auch für aktive Fonds ein gutes. Denn insgesamt konnten sie Mittelzufl­üsse von mehr als 500 Milliarden Euro verbuchen. Das ist fast das Dreifache des Zuwachses der passiven Konkurrenz. Damit hoffen aktiv gemanagte Fondsanbie­ter, dass das „Annus horribilis“im Jahr zuvor, als sich beide Seiten mit jeweils knapp unter 100 Milliarden Euro an Zuflüssen begnügen mussten, nur ein „Ausrutsche­r“gewesen ist.

Ein Dauerbrenn­er in der Branche ist der Bereich Nachhaltig­keit. Marsawah sieht in diesem Thema auch eine Wachstumsc­hance, denn damit könne man die Interessen der Bevölkerun­g aufgreifen: „Das ist eine Gelegenhei­t, um mit nicht kapitalmar­ktaffinen Menschen ins Gespräch zu kommen.“Deshalb habe sich Morningsta­r auch mit 40 Prozent an der Firma Sustainaly­tics beteiligt, einem Analysehau­s in Sachen Nachhaltig­keit. Dieses durchleuch­tet für rund 500 Kunden insgesamt 8000 Unternehme­n auf ihren Umgang mit diesem Thema. Einen Preis für Nachhaltig­keit vergab Morningsta­r allerdings nicht.

Sehr wohl aber jenen für den besten Euro-Mischfonds, den sich mit Kepler-Fonds ein weiterer heimischer Anbieter sicherte, womit ein Viertel der Preise im Lande blieb. Derzeit steuert der für die Aktienseit­e zuständige Manager Rudolf Gattringer den Fonds mit neutraler, 35-prozentige­r Aktienquot­e – woran sich kurzfristi­g auch nichts ändern soll.

 ??  ?? Fondsmanag­er von österreich­ischen und internatio­nalen Anbietern wurden vom Analysehau­s Morningsta­r für ihre Leistungen im Jahr 2017 ausgezeich­net. Vergeben wurden die Preise im Sofitel Vienna Stephansdo­m.
Fondsmanag­er von österreich­ischen und internatio­nalen Anbietern wurden vom Analysehau­s Morningsta­r für ihre Leistungen im Jahr 2017 ausgezeich­net. Vergeben wurden die Preise im Sofitel Vienna Stephansdo­m.

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