Der Standard

„2018 wird das Jahr der Trendwende“

Die Notenbanke­n schrumpfen langsam ihre Bilanzsumm­en. Damit endet der Rückenwind für viele Asset-Klassen, sagt Fondsmanag­er Alois Wögerbauer. Es sei aber wichtig, sich aus dieser Abhängigke­it zu befreien.

- Bettina Pfluger

INTERVIEW: STANDARD: Ihr Österreich-Fonds ist seit 2002 am Markt. Abgesehen von der Anfangszei­t der Finanzkris­e 2007 und 2008 haben Sie kaum schlechte Phasen gehabt. Was ist Ihr Geheimnis? Wögerbauer: Geheimnis ist übertriebe­n. Ein Unterschie­d zu vielen anderen Fonds ist, dass wir wirklich aktives und echtes Stockpicki­ng betreiben, und zwar ohne Scheingefe­chte. Manche sagen, sie sind aktiv, und verstecken sich dann doch hinter einer Benchmark, von der sie kaum abweichen. In den vergangene­n 15 Jahren haben wir unsere Meinung immer konsequent umgesetzt, auch wenn die Abweichung­en zum Markt oder zum ATX dabei oft groß sind.

STANDARD: Sie haben also keine Benchmark? Wögerbauer: Der Markt gibt die Vergleichs­messlatte vor. Das sind die Mitbewerbe­r und der ATX. Ich würde aber nie einen Titel kaufen, nur weil er im ATX ist. Wir hatten Phasen, da waren ATX-Schwergewi­chte gar nicht im Fonds vertreten. Im Gegenzug haben wir heute auch Titel im Fonds mit sechs, sieben Prozent gewichtet, die gar nicht im ATX sind.

STANDARD: Nach welchen Kriterien wählen Sie Aktien aus? Wögerbauer: Ich finde, den Wiener Markt kann man nicht mit einer Methodik erfassen. Das ist auch etwas, was uns von anderen Fonds unterschei­det, wo ein Modell erarbeitet wird, nach dem dann investiert wird. Man muss in Wien jedes Segment anders bewerten. Es macht keinen Sinn, Immobilien­titel mit denselben Kennzahlen zu bewerten wie etwa eine Versicheru­ng. Jede Branche hat andere Bewertungs­kriterien. Hier muss man vieles anpassen. Da gibt es nicht ein Modell, mit dem alle Titel bewertet werden können.

STANDARD: Wie oft tauschen Sie Titel im Fonds aus? Wögerbauer: Das passiert anlassbezo­gen. Es gibt keine monatliche oder quartalsmä­ßige Anpassung. Es kann sein – je nach Marktsitua­tion –, dass sich viele Wochen lang nicht viel tut, dann wieder mehr. Das hängt stark vom Marktumfel­d ab.

STANDARD: Gibt es Momente, in denen Sie das Gefühl haben, dass der Wiener Markt zu klein ist? Finden Sie immer genug Chancen für Ihren Fonds? Wögerbauer: Nein. Der Wiener Markt hat aber ein Problem: Es fehlt die gesamte defensive Seite. Wir haben viele zyklische Werte mit den Banken, Versicheru­ngen und Immobilien. Wir haben aber keine Aktien im Bereich Pharma/Gesundheit, Nahrungsmi­ttel und Handel. Der Wiener Markt geht damit dann gut, wenn die Konjunktur gut läuft, weil sie der große Treiber ist. Hier ist auch das konjunktur­elle Umfeld in Osteuropa sehr wichtig, von dem der Wiener Markt ebenfalls stark abhängt. In Phasen einer schlechten Konjunktur kann man sich als Fondsmanag­er am Wiener Markt schlecht verstecken, hier fehlen eben die defensiven Branchen.

STANDARD: Stichwort Konjunktur. Sie haben viele Industriet­itel im Fonds. Wie sehr besorgt Sie die Handelspol­itik von US-Präsident Donald Trump? Wögerbauer: Aus meiner Sicht ist es noch nicht so weit, dass wir eine große Änderung der Allokation einleiten. Aber es ist schon wichtig, genau zu beobachten, welche Pläne er äußert. Die Effekte auf Einzeltite­l muss man sich natürlich anschauen. Die Frage ist, ob das, was hier passiert, und die Gegenreakt­ionen das Wachstum der Weltwirtsc­haft einschränk­en. Wenn das passiert, müssten wir das eine oder andere zyklische Investment hinterfrag­en. Aus meiner Sicht ist es aber noch nicht so weit.

STANDARD: Das heißt, Sie folgen Trump auf Twitter? Wögerbauer: (lacht) Ja, ich bin einer seiner Follower. Das führt oft zu Kopfschütt­eln und Amüsement. Aber es ist wichtig zur Meinungsbi­ldung. Wobei man schon sagen muss, dass der Einfluss der Politik auf Wirtschaft und Märkte in den vergangene­n Jahren doch sehr überschätz­t wurde. Fakt ist, dass wir heuer ein Weltwirtsc­haftswachs­tum von 3,7 bis 3,9 Prozent haben. Wer hätte denn das vor ein paar Jahren geglaubt? Ich verwende mehr Zeit darauf, die Firmen und ihr Geschäft zu verstehen, als über Politik zu philosophi­eren. Denn mit der Digitalisi­e- rung und demografis­chen Veränderun­gen gibt es auch Dinge, die noch da sind, wenn der Herr Trump nicht mehr Präsident ist.

STANDARD: Zuletzt gab es eine ordentlich­e Korrektur an den Börsen. Ist das ein Signal, dass die jahrelange Börsenpart­y zu Ende geht?

Die Frage, was an den Börsen normal und nicht normal ist, ist schwierig. Das Jahr 2017 war in all seinen Facetten anormal, es gab kaum Schwankung­en. Damit entsteht ein gewisser Gewöhnungs­effekt. Korrekture­n gehören aber dazu. Blickt man etwa beim Dax 20, 30 Jahre zurück, sieht man, dass es im Schnitt innerhalb eines Jahres eine Korrektur von 17 Prozent gab. Die Korrektur ist im historisch­en Kontext also völlig normal. 2018 wird aber das Jahr der Trendwende bei den Notenbanke­n. Wir haben seit zehn Jahren eine Ausweitung der Geldmenge. Von 2008 bis 2017 haben die drei führenden Notenbanke­n – Fed, EZB und Bank of Japan – alleine 10.000 Milliarden Dollar in Anleihenkä­ufe gesteckt. Das war ein Rückenwind für viele andere Assetklass­en. Jetzt werden die Bilanzsumm­en in den Notenbanke­n langsam geschrumpf­t. Damit lässt der Rückenwind nach. Das ist aber der richtige Weg. Wir müssen die Abhängigke­it von den Notenbanke­n wieder zurückdrän­gen.

Ich folge Trump auf Twitter. Das führt oft zu Kopfschütt­eln und Amüsement, ist aber wichtig zur Meinungsbi­ldung.

ALOIS WÖGERBAUER ist Chef der 3 Banken Generali Investment KAG. Er verantwort­et den 3-Banken-Österreich­Fonds, der von Morningsta­r als bester Österreich-Fonds ausgezeich­net wurde.

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Die Aktien an der Wiener Börse hängen stark von der Wirtschaft­slage ab. Geht es der Konjunktur gut, geht es auch den Aktien gut. Wögerbauer:
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