Der Standard

Alles eins

- Michael Pekler

Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen. Das hat sich Wittgenste­in so gedacht, nicht ahnend, dass Leute, die einander nichts zu sagen haben, heute einfach schreiben. Und zwar Kurzmittei­lungen auf diversen mobilen Endgeräten. Ohne Ende. Ständig.

Wenn das Neil Postman noch erlebt hätte: Nicht mit dem Fernsehen amüsieren wir uns zu Tode, sondern mit Displays. Bunt, laut, Grinsekatz­en, Nachrichte­n, Text, Bild, Infotainme­nt, Entertainm­ent, Beruf, privat – alles eins. Der finale Beweis, dass also doch das Medium die Botschaft ist, wie uns McLuhan schon seinerzeit prophezeit hat?

Eine mögliche Antwort auf diese Frage liefert jedenfalls Plopp, jene Arte-Sendung, die so heißt, wie der Signalton eingehende­r Mitteilung­en oft klingt. Plopp ist eine im Grun- de zu lesende Miniserie, kreiert im Stil von Chat-Unterhaltu­ngen: Zwei fiktive Charaktere kommunizie­ren über das Alltäglich­e miteinande­r, indem links und rechts auf dem Bildschirm die entspreche­nden Textblasen auftauchen.

Es sind kurze Lehrfilme darüber, wie Menschen aneinander vorbeischr­eiben, wenn der Inhalt der Form untergeord­net wird. Etwa so: „er kann schon lächeln!“, textet der frischgeba­ckene Papa „vince_steiner198­3“. Darauf Freund „Matzzz“, zu dem sich der Kontakt ein wenig reduziert zu haben scheint: „wie niedlich“.

Knapp 60 Milliarden Nachrichte­n werden täglich über Whatsapp gesendet. Schlimmer: Die meisten werden sogar gelesen. Dinge, über die man sich nicht zu unterhalte­n brauchte, werden eben nicht interessan­ter, wenn sie als Plopp daherkomme­n. Auch ohne Datendesas­ter bei Facebook. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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