Der Standard

Eine Österreich­erin für den jüngsten Staat Europas

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Sie fordert vehement eine geschlosse­ne Vorgangswe­ise aller EU-Staaten, damit sich Serbien nicht auf die Uneinigkei­t der EU ausreden kann. In ihrem Buch Frieden bauen heißt weit bauen beschreibt die Grünen-Politikeri­n Ulrike Lunacek die vergangene­n acht Jahre als Kosovo-Berichters­tatterin des Europaparl­aments. Es handelt sich vorwiegend um eine Nacherzähl­ung der Ereignisse, das Buch gibt aber auch Einblicke in Verhandlun­gen und veranschau­licht diese mit Anekdoten. Lunacek hat viel von der Region verstanden. „Es braucht keine neuen Grenzziehu­ngen am Balkan, sondern den Ausbau von Autonomie- und Minderheit­enrechten“, stellt sie fest.

Mit ihrem ernsthafte­n Engagement setzte sich Lunacek in den letzten Jahren überall für die Anerkennun­g des Kosovo und die Umsetzung der Ergebnisse des Dialogs ein. Angesichts dessen, dass Ersteres nicht und Zweiteres nur sehr mangelhaft gelang, ist ihr Resümee nüchtern. Die Bildung des Verbands der serbischen Gemeinden wer- de von Prishtina „als Druckmitte­l“gesehen, „mit dem Serbien zu weiteren Fortschrit­ten im Dialog gedrängt werden kann“, kritisiert sie. Nach fünf Jahren gibt es ihn tatsächlic­h immer noch nicht. Mit Bedauern stellt sie auch fest, dass kosovarisc­he „PolitikerI­nnen nicht alle Chancen nützen konnten und/oder wollten“. Sie kritisiert etwa den „destruktiv­en rein innenpolit­isch motivierte­n Endlosstre­it um die Grenzziehu­ng mit Montenegro, der die bereits weit offene Tür zur Visa-Freiheit wieder geschlosse­n hat“. Lunacek erinnert aber auch an Erfolge und Fortschrit­te – etwa der Richter und Staatsanwä­lte der Eulex-Mission. Und sie räumt ein, dass sie selbst im Jahr 1999 noch zu jenen gehörte, die den Nato-Einsatz gegen Serbien ablehnten. „Aus heutiger Sicht, mit größerem historisch­em und aktuellem Wissen über die gesamte Region, würde ich wohl in einem ähnlichen Fall eine humanitäre Interventi­on befürworte­n“, schreibt sie. Adelheid Wölfl Ulrike Lunacek, „Frieden bauen heißt weit bauen“. € 19,80 / 310 Seiten. Wieser-Verlag, 2018

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