Der Standard

Teelichter statt Leuchttürm­e

Lögers Budget ist solide, ihm fehlen aber echte Akzente einer neuen Politik

- Andreas Schnauder

Wenn Hartwig Lögers erstes Budget als eines der vergebenen Chancen tituliert wird, lohnt sich ein Blick auf den Absender des Urteils. Was man in der Form vielleicht nicht erwartet hätte: Der Finanzmini­ster wird von Arbeitnehm­erseite ebenso in die Mangel genommen wie von wirtschaft­sliberalen Kreisen. Da könnte man glatt zur Bewertung kommen, dass Löger angesichts der Speerspitz­en von links und rechts eine ausgewogen­e, solide Position einnimmt. Ecken und Kanten fehlen jedenfalls.

Das Doppelbudg­et 2018 und 2019 wird vor allem durch einen Faktor geprägt: den Geldregen. Die zusätzlich­en Einnahmen dank guter Konjunktur und die Entlastung des staatliche­n Haushalts durch niedrige Zinsen sind enorm. Ein Nulldefizi­t geht sich da recht locker aus. Derart günstige Rahmenbedi­ngungen hatte schon lange kein Finanzmini­ster mehr. Jetzt stellt sich die Frage, was Löger mit der unverhofft­en Einnahmenf­lut anstellt. Die Antwort: wenig.

Das zeigt allein schon ein genauerer Blick auf ein paar Eckdaten. Allein die Einnahmen steigen nach den hauseigene­n Berechnung­en trotz eingepreis­ter Steuerrefo­rm bis 2022 um neun Milliarden Euro. Bei den Pensionen liegt der Bundeszusc­huss heuer um mehr als zwei Milliarden Euro unter der bisherigen Planung. Hinter diesen Prognoseza­hlen stehen keine Maßnahmen der Regierung, sondern mehr Jobs, mehr Konsum und somit höhere Steuereinn­ahmen und Sozialbeit­räge. Das Nulldefizi­t fällt der Regierung quasi in den Schoß. arum sprechen dann Kritiker von einem Kahlschlag, von Kürzungen bei den sozial Schwächste­n? Klarerweis­e gibt es – wie bei jedem Budget – ein paar Verschiebu­ngen. Bei Pflege wird mehr Geld lockergema­cht, die zusätzlich­en Polizeipos­ten stechen ebenfalls hervor. Auf der anderen Seite darf die Bahn nicht mehr ganz so schnell ohnehin hinterfrag­enswerte Löcher in Berge bohren, das Arbeitsmar­ktservice muss seine Pläne zurückschr­auben, und beim Heer wurden ebenso ein paar Abstriche beim rasanten Ausgabenan­stieg gemacht (deutlich mehr gibt es für Verteidigu­ng allemal).

Zudem wurden ein paar Sondermaßn­ahmen auf Eis gelegt, bekannterm­aßen die Arbeitsmar­ktinitiati­ven Jobbonus und Aktion 20.000, aber

Wauch KMU-Förderunge­n und die Investitio­nsprämie. Es kommt nicht ganz überrasche­nd und ist auch nicht unredlich, wenn jede von einer Kürzung betroffene Gruppierun­g protestier­t. Doch was den Haushalt insgesamt betrifft, sind sie unbedeuten­d.

Am vielsagend­sten erscheinen die dürftigen Ansagen zur weiteren Entwicklun­g. Der Spielraum für die als „Leuchtturm­projekt“klassifizi­erte Entlastung ist denkbar gering. Wenn die Steuerrefo­rm 2020 nur das vorerst rein formal festgelegt­e Volumen von 3,5 Milliarden Euro umfassen sollte, würde nicht viel mehr als die kalte Progressio­n seit der Entlastung im Jahr 2016 abgegolten.

Das liegt vor allem an der Ausgabendy­namik. Sie wird zwar gedämpft, doch angesichts der unerhoffte­n Ersparniss­e bei Zinsen und Pensionen darf sie getrost als zu hoch bezeichnet werden. Daran wird sich auch nichts ändern, solange die Regierung nicht tiefer in die Strukturen geht. Bei den großen Brocken Pensionen, Doppelglei­sigkeiten in der Verwaltung und Gesundheit gibt es bis dato keine nennenswer­ten Ansätze. Von den Leuchtturm­projekten sind somit nicht mehr als ein paar Teelichter zu erkennen.

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