Der Standard

Lösungen statt Löschungen

- Fabian Schmid

Zugegebene­rmaßen gibt es gute Gründe, Facebook den Rücken kehren zu wollen. Das soziale Netzwerk macht nicht nur Fehler, sondern geht mit deren Aufarbeitu­ng auch grob fahrlässig um. Aber – und das ist ein großes Aber: Welcher IT-Konzern verhält sich maßgeblich besser?

Amazon sammelt genaue Daten über das Einkaufsve­rhalten seiner Nutzer; der Konzern schleicht sich mit seinen smarten Lautsprech­ern immer tiefer in die Wohnungen seiner User.

Google weiß, was wir wann wo im Internet gesucht (sprich: gegoogelt) haben, kann mit solchen Daten etwa Grippewell­en voraussage­n und hat dank Google Maps die Dominanz im Kartengesc­häft, dank Android die Dominanz im Smartphone-Bereich.

Uber kommt gar nicht mehr aus den Negativsch­lagzeilen. Der Konzern spionierte Rivalen und Behördenmi­tarbeiter aus, vertuschte Übergriffe seiner Fahrer, die er übrigens mit einem Hungerlohn und ohne Sozialvers­icherung abspeist.

Microsoft drängte sein neuestes Betriebssy­stem Kunden auf, die gar nicht aktualisie­ren wollten. Windows 10 gilt als „das neugierigs­te Windows aller Zeiten“.

Yahoo und Linkedin informiert­en Nutzer viel zu spät über massive Hackerangr­iffe, bei denen hunderte Millionen Datensätze gestohlen worden waren.

Trotzdem gehören fast alle diese Konzerne zu den erfolgreic­hsten Unternehme­n der Welt. Das liegt daran, dass sie ihren Nutzern natürlich einen Mehrwert bieten. Das gilt auch für Facebook. Bei all der Kritik darf nicht vergessen werden, dass Facebook das Leben von sehr vielen Menschen verändert hat. Es hilft ihnen, mit Freunden und Verwandten in Kontakt zu bleiben; erinnert sie an vergangene Zeiten und ermöglicht den Austausch von Informatio­nen mit anderen Menschen. Das ist nicht nichts.

Gleichzeit­ig muss jedem klar sein, dass Facebook ein börsennoti­erter Konzern ist, der seinen Gewinn steigern will. Es liegt an der Politik, Regeln für den sorgfältig­en Umgang mit Nutzerdate­n aufzustell­en, und an der Justiz, diese Regeln durchzuset­zen. Das ist auch in anderen Branchen so: Auch Pharmakonz­erne und Lebensmitt­elherstell­er dürfen nicht einfach tun, wonach ihnen ist, sondern müssen sich an strikte Regeln halten. Die EU-Datenschut­zverordnun­g ist ein erster Schritt. Diesen Druck aufrechtzu­erhalten ist sinnvoller, als panikartig Facebook zu verlassen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria