Der Standard

KOPF DES TAGES

Revoluzzer der europäisch­en Luftfahrt

- Claudia Ruff

Er gilt als Enfant terrible und Spaßvogel der Luftfahrtb­ranche: Einmal taucht Ryanair-Chef Michael O’Leary als Putzfrau verkleidet auf, ein anderes Mal als Batmans Gehilfe Robin, der die Briten vor dem Brexit retten will. Flugbeglei­terinnen lässt er im Bikini für einen Kalender ablichten – und stiftet die Einnahmen für gute Zwecke.

Keine Pressekonf­erenz vergeht ohne Grimassen. So hat sich der heute 57-jährige Sohn irischer Landwirte seinen Ruf als größter Clown und Zyniker der Branche hart erarbeitet. Doch hinter seinen irre klingenden Ankündigun­gen – etwa Stehplätze oder WC-Gebühren an Bord seiner Flieger – steckt eine beinharte Strategie.

O’Learys erklärtes Ziel ist es, Gratisflüg­e anzubieten, die sich rechnen, weil genügend Fluggäste Parfums und Armbanduhr­en kaufen oder von Ryanair vermittelt­e Mietwagen und Hotels nutzen. Die Flieger landen kostenspar­end auf Regionalfl­ughäfen, von wo aus der Transport in die Stadt oft mehr kostet als der Flug. Um Wien machte Ryanair wegen hoher Flughafeng­ebühren bisher einen Bogen. Mit der Übernahme von Laudamotio­n wird sich das ändern.

O’Leary hat Europas Luftfahrt in den vergangene­n 20 Jahren verändert wie kein anderer. Nach dem Studium begann er bei einer Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t und freundete sich mit den Söhnen von Tony Ryan an, der mit Flugzeugle­asing viel Geld verdient und 1985 eine kleine Regionalfl­uglinie gegründet hatte. Aber Ryanair lief nicht. O’Leary stieg erst als Berater und später als Vizevorsta­ndschef ein. 1994 rückte er an die Spitze vor und krempelte die Fluglinie komplett um. Er reiste zu Southwest Airlines in Dallas, um den US-Pionier der Billigflie­gerei besser kennenzule­rnen.

Mit der Liberalisi­erung des EU-Flugverkeh­rs Ende der 1990erJahr­e konnte O’Leary mit Ryanair durchstart­en. Lange Zeit wurde er unterschät­zt, während die Airline von Jahr zu Jahr wuchs. Seine Anteile an Ryanair haben ihn zum Milliardär gemacht.

Hemdsärmel­ig und meist ohne Anzug schimpft O’Leary gerne über seine Konkurrent­en und prophezeit deren Untergang. Zuletzt bemühte er sich allerdings, Mitarbeite­r und Gewerkscha­ft nicht gegen sich aufzubring­en.

Lange Zeit kokettiert­e O’Leary mit dem Aufhören. Doch vor kurzem kündigte er an, er werde sich nicht zur Ruhe setzen, solange seine vier Kinder, die er mit seiner Frau Anita hat, noch klein sind. Und auch in Wien hat er noch viel vor.

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Foto: Reuters Ryanair-Boss Michael O’Leary landet via Laudamotio­n in Wien.

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